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Intolerante Hausbesetzer

■ betr.: „Hausbesetzer sind in Pots dam unerwünscht“, taz vom 28.8. 97

Hausbesetzungen und Hausbesetzer kennt Potsdam bereits seit Jahren. Der Anspruch alternativen Lebens korrespondiert leider vielfach nicht mit der notwendigen Toleranz gegenüber anderen. Ordnungswidrigkeiten, Straftaten und eine Vielzahl von Bürger-Beschwerden waren und sind die Folge. Nachdem Bemühungen der Stadt und die Einsicht nicht weniger Hausbesetzer zu neuen Wohnlösungen und einer längeren Zeit von Gewaltlosigkeit geführt haben, ist es in der brandenburgischen Landeshauptstadt in den vergangenen Wochen erneut zu Gewalt von Hausbesetzern mit hohen Schäden und verletzten PolizeibeamtInnen gekommen.

In dieser Situation sind Augenmaß und Dialog genauso bedeutsam wie polizeiliche Konsequenz gegen Straftäter. Es ist normal, daß die Medien mit unterschiedlichen Sichten über Ursache und Entwicklung dieses vor allem für die PotsdamerInnen ärgerliche und traurige Geschehen berichten. Gründliche Recherche und exakte Informationen sollten jedoch in jedem Fall selbstverständlich sein. Der heutige taz-Beitrag erfordert diesbezüglich einige Anmerkungen.

1. Die Festnamen erfolgten nicht, „um kurzen Prozeß mit ,den Bunten‘ ... zu machen“ oder um sie „hinter Gitter zu bringen“, sondern weil sich die Betreffenden strafbar gemacht haben.

2. Die von der Autorin Constanze von Bullion erwähnten 35 Hausbesetzer wurden nicht wegen irgendwelcher Randale „vor und nach der Räumung eines Jugendzentrums“, sondern im Potsdamer Stadthaus festgenommen, wo sie mit weiteren Besetzern das Büro des Jugendbeigeordneten gestürmt und dort unter anderem ein Aktenchaos anrichteten. Gegen sie wird deshalb wegen Verdachts des schweren Hausfriedensbruchs und der Sachbeschädigung ermittelt.

3. Das für die Hausbesetzer letztlich beschämende Geschehen fand nicht am Dienstag, sondern bereits am Montag statt.

4. Die Schließung des „Archivs“ ist nicht, wie behauptet, auch von der Polizei beschlossen worden. Derartige Entscheidungen liegen ausschließlich in der Kompetenz der Stadt.

Es zeugt auch wenig von sachlicher Berichterstattung, wenn keine Zeilen über zerschlagene Geschäftsscheiben, abgebrannte Telefonzellen, Schäden allein am vergangenen Wochenende von weit über 100.000 DM und verletzte Polizisten zu finden sind. Dafür wird jedoch breiter Raum der absurden wie gleichermaßen lächerlichen Behauptung von Hausbesetzern eingeräumt, Beamte der brandenburgischen Polizei hätten vermummt und gezielt die Ausschreitungen provoziert und sogar eigene Einsatzfahrzeuge in Brand gesteckt. [...] Geert Piorkowski, Sprecher des

Polizeipräsidiums Potsdam

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