Originale sind kaum in Sicht

■ Was tun, wenn man sich die Wohnung im Fifties-Stil einrichten möchte? Woher nur bekommt man den Chic von einst? Matthias Fink hat sich auf die Pirsch gemacht

Auch wer keine Sehnsucht nach der Adenauer-Zeit verspürt, hängt sich bisweilen Poster in die Wohnung, auf denen James Dean oder der noch schlanke, junge Elvis lächeln, als wäre gestern heute.

Ob als spleeniges Einzelstück oder als möglichst authentische Rekonstruktion vergangener Atmosphäre – beliebt ist heute noch vieles aus dieser Zeit. Vielleicht weil sie 1997 nicht nur hoffnungslos veraltet und spießig wirkt, sondern auch ein modernes Lebensgefühl in Bereichen erkennen läßt, in denen man es heute vermißt. Und seit der west- oder ostdeutschen Nostalgie erscheint die Frühphase der damals jungen Teilgesellschaften in immer sonnigerem Licht!

Die Aufbruchstimmung nach Hause mitzunehmen, begibt mancher sich auf Konsumtrip. Immer nur Schallplatten und Poster – das ist nichts für den dicken Geldbeutel. Auf dem Flohmarkt oder in Antikläden müßte es doch Möbel oder Einrichtungsgegenstände aus den Fünfzigern geben. Radios mit Senderskalen, auf denen „NWDR“ und „Leipzig“ aufgeführt sind, finden sich reichlich. Aber sonst: Fehlanzeige. Ob Küchenschränke, Eßzimmerstühle oder Lampen – die Nachkriegszeit ist im Vergleich zur Kaiserzeit so schwach vertreten wie in Bildbänden zur Berliner Geschichte. „So was wird kaum gefragt“, sagt eine Händlerin, „das ist noch nicht lange genug her.“

„Man muß eine Antenne haben für den Witz, der in dieser Spießigkeit steckt“, so Martin Nowak vom Design Store in der Pestalozzistraße 106. Der Laden führt keine echte Fifties-Ware – man hat sich auf Reeditionen spezialisiert. Viele Originale sind auch nicht mehr übrig, sagt er. „In den Fifties gab es viel Kitsch und Schrott. Der ist entweder im Müll oder auf den Flohmärkten gelandet.“

Einer der wenigen Händler, die in Berlin echte Fifties-Möbel verkaufen, ist Hans-Peter Jochum aus Charlottenburg. „Designobjekte des 20. Jahrhunderts“ umfaßt die Angebotspalette an der Bleibtreu-, Ecke Mommsenstraße, einen Zusammenschluß der internationalen Avantgarde. Schwungvolle Formholzsessel sind etwa für 1.000 Mark zu haben, einen mit Peddigrohr bespannter Stuhl aus sanft gebogenen Metallrohren gibt es für 800 Mark. Ideal darunter: ein gelblicher Teppich, aufgelockert mit feinlinigen bunten Einsprengseln. Auf so was stehen oft 45- bis 50jährige. „Die sahen die Stücke in ihrer Studienzeit im Schaufenster und konnten sie sich damals nicht leisten“, sagt Jochum. Allzu viele inländische Artikel hat Jochum nicht. Denn Deutsche hätten damals kaum eigenes Design entwickelt, es gebe „ganz wenig, was Bestand gehabt hätte“. Die hiesigen Hersteller seien auf die internationalen Messen gegangen, ohne sich von Fachleuten weitere Anregungen zu holen. „Irgendein Werksdesigner hat es dann nachgefummelt“, so Jochum. Und die Qualität sei auch nicht doll gewesen – im Osten wie im Westen: „überall gleich schlecht“. Das kam immerhin einem verbreiteten Bedürfnis entgegen. „Deutschland“, sagt Jochum, „ist sehr geprägt durch die Wegwerfmentalität.“

Fifties live: Austriafilmstreifen „Eva küßt nur Direktoren“ Foto: Stiftung Deutsche Kinemathek

Renner vor 40 Jahren: schummrige Kegellampen Foto: G. Ortmanns

34taz-Thema: Wohnkonzepte