: Gerangel um die korrekte Bohne
■ Hamburger Senat setzt „TransFair“-Kaffee-Beschluß nicht um
Im Namen der Gerechtigkeit schmeckt die Tasse Kaffee noch mal so gut. Deshalb beschloß die Bürgerschaft im Juni vorigen Jahres, für öffentliche Einrichtungen möglichst „Kaffee zu fairen Bedingungen“ einzukaufen, wie sie etwa das „TransFair“-Siegel garantiert. Umgesetzt wurde der Beschluß bisher aber nur im Rathaus höchstselbst: knapp ein Viertel der dort weggeschlürften braunen Brühe – 150 von 650 Kilo pro Jahr – stammt von Kleinbauern, die für ihren Rohstoff gerechte Preise erhalten.
Das ist dem Rechtsausschuß der Bürgerschaft zu wenig: einstimmig votierten die Mitglieder aller Parteien dafür, dem Senat jetzt Dampf zu machen. Mit einem „Senatsersuch“ wollen die Abgeordneten erreichen, daß die Beschaffung von „TransFair“-Kaffee in die Haushaltsberatungen 1996 einbezogen wird. In öffentlichen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Behördenkantinen oder der Unimensa – Gesamtverbrauch jährlich 100 Tonnen – gibt es nämlich nach wie vor nur ungerechten Kaffee.
„Alle Parteien waren sich einig, daß die Verwendung von ,TransFair'-Kaffee ausgeweitet werden muß“, sagt Alexander Porschke, entwicklungspolitischer Sprecher der GAL, „jetzt muß der Senat reagieren.“
Ins Stocken gekommen ist die Beschaffung der politisch korrekten Kaffeebohne, weil dem Senat der faire Preis zu teuer erscheint. Zwar wurden zunächst TransFair-Lieferanten ausdrücklich aufgefordert, Angebote zu machen. Doch im Konflikt zwischen Haushaltsnot und Bekämpfung der Ausbeutung in der Dritten Welt entschied man sich fürs Nichtstun. „Es war von vornherein klar, daß der Transfer-Kaffee mehr kostet“, wundert sich GALier Porschke.
Das haben alle Ausschußmitglieder verstanden, auch sozialdemokratische Abgeordnete wollen sich mit der unwilligen Umsetzung des Parlamentsbeschlusses nicht abfinden. Silke Mertins
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