■ Querspalte: Sag's mit Blumen!
Nationalismus treibt bisweilen seltsame Blüten – zum Beipiel gelbe, blaue und rote. Mit derart fröhlichen Blumenarrangements in den rumänischen Nationalfarben ließ jetzt der Bürgermeister im westrumänischen Cluj, Gheorghe Funar, die Beete der städtischen Parks bestücken. Damit ja auch alles gut zusammenpaßt, bekamen gleich auch noch alle Bänke einen frischen Trikoloren-Anstrich. Doch war es beileibe nicht der Wunsch, das gräuliche Stadtbild mit ein paar Farbtupfern aufzulockern. Wer das glaubt, kennt nämlich Gheorghe Funar nicht. Hinterlistig versuchte der Nationalist, mit dem neuen Rabattenschmuck seinen rumänischen Mitbürgern auch gleich noch das richtige Nationalbewußtsein einzupflanzen.
So viel Raffinesse hätte man Funar gar nicht zugetraut. Es ist noch gar nicht so lange her, da erging sich der Chef der Partei der Nationalen Einheit öffentlich in Haßtiraden gegen die ungarische Minderheit und stellte dabei seine blühende Phantasie immer wieder aufs neue unter Beweis. Die Ungarn bereiteten einen Bürgerkrieg vor, ließ er seine Landsleute wissen. Den Chef des Verbandes für interethnischen Dialog bezeichnete er als „schwulen Gauner, der in die Psychiatrie gehört“. Seinen Protest gegen die neue Schulordnung, die eine zweisprachige Immatrikulation erlaubt, wo der Anteil einer Minderheit an der Bevölkerung mindestens 20 Prozent beträgt, verpackt er geschickt und sagt es nun durch die Blume: Ungarn, verpißt euch! Geht da hin, wo ihr hergekommen seid!
Wie die Magyaren auf die Rumänisierung der Clujer Parks reagiert haben, ist bislang noch nicht überliefert. Vielleicht werden ja einige von ihnen in einer Nacht- und-Nebel-Aktion die zarten Pflänzchen rumänischen Nationalstolzes zertreten und die Bänke umspritzen in Rot-Weiß- Grün. Dann darf Funar die nächste Anstreichertruppe anrücken lassen. Mit dem erfreulichen Nebeneffekt, daß wieder einmal ein paar Menschen in Cluj, zumindest kurzzeitig, beschäftigt sind. Barbara Oertel
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