: Wirtschaftsressort verhindert Windkraft
■ Obwohl von der Bremischen Bürgerschaft einstimmig beschlossen, weigern sich die Beamten, in den Gewerbegebieten Stahlwerke, Mahndorf und Hemelinger Marsch Windräder zuzulassen
Das Wirtschaftsressort blockiert den Ausbau der Windkraft in Bremen. Obwohl die Bürgerschaft einstimmig beschlossen hat, an neun Standorten im Stadtgebiet so schnell wie möglich Windräder aufzustellen, lehnen die Beamten des ehemaligen Wirtschaftssenators Hartmut Perschau (CDU) drei dieser Standorte ab: Im Industriepark neben den Stahlwerken, in der Hemelinger Marsch und an der Autobahn in Mahndorf würde die Entwicklung der Gewerbegebiete beeinträchtigt.
Auch am langfristigen Ausbauprogramm für die Windkraft in Bremen, das Windräder hauptsächlich am Rande von Gewerbegebieten ansiedeln und auch in Bremen-Nord und Niedervieland insgesamt 28 Anlagen vorsieht, haben Perschaus Beamte etwas auszusetzen. Am Dienstag könnte es darum im Senat zum Krach kommen, denn Bausenator Bernt Schulte (CDU) und Umweltsenatorin Tine Wischer (SPD) wollen den Beschluß der Parlamentarier umsetzen.
Die Wirtschaftsbeamten halten dagegen: Während sie die Standorte Reckumer Geest, Blockland A 27, Niedervieland /Halmer Weg, Stromer Feldmark sowie Neustädter Hafen als „konsensfähig“betrachten, würden die Standorte Stahlwerke, Hemelinger Marsch und Mahndorf „vorwiegend aus Gründen der Akquisition, aber auch im Hinblick auf erforderliche Sicherheitsabstände und den Mangel an Gewerbeflächen sowie deren hoher Erschließungskosten abgelehnt“, heißt es in einer Vorlage für den Senat, in der Wischer und Schulte den Konflikt zwischen den Ressorts darstellen.
Schulte und Wischer kontern die Argumente der Wirtschaftsleute: Im Falle der Stahlwerke sollten vier der sieben dort vorgesehenen Windräder nahe der Bahngleise aufgestellt werden. Auch die drei übrigen Anlagen „werden zu keiner Phase der Erweiterung Grundstücke des Industrieparks beanspruchen“.
Auch in der Hemelinger Marsch sollen die Windräder am Bahndamm stehen, auf einem Gelände, das für gewerbliche Nutzung zu eng sei. Ein zusätzlicher Sicherheitsabstand käme allenfalls aus Schallschutzgründen in Betracht, allerdings sei die Bahn weitaus lauter als die neben den Gleisen stehenden Windräder. In Mahndorf könnte die von der Autobahn sichtbare „Anwendung der Windkrafttechnologie“dem geplanten Gewerbegebiet „Hansalinie“ein „zukunftsorientiertes Image“geben.
Der CDU-Abgeordnete Jens Eckhoff, der den gemeinsamen Windkraft-Beschluß in der Bürgerschaft initiiert hatte, will die Haltung der Wirtschaftsbehörde nicht hinnehmen: „Wenn die Legislative etwas beschließt, dann hat die Exekutive das umzusetzen“. In Bremen stünden 70 Millionen Mark für Investitionen in Windenergie bereit. „Der Wirtschaftssenator muß dafür sorgen, daß diese Investitionen, die ohne direkte staatliche Subventionen auskommen, realisiert werden“, so Eckhoff. Angesichts der von Teilen der Bonner Koalition im Verein mit der Energiewirtschaft betriebenen Änderung des Stromeinspeisegesetztes, das die Vergütung für Windstrom regelt, müßten die Bremer aufpassen, „daß ihnen die Zeit nicht wegrennt“.
Auch die Grünen finden die Haltung des Wirtschaftsressorts, hinter der Kritiker die Handschrift des Staatsrats Frank Haller vermuten, indiskutabel: „Gibt es bessere Wirtschaftpolitik als die Investition in erneuerbare Energien?“fragt der grüne Fraktionssprecher Dieter Mützelburg. Joachim Fahrun
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen