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Für jedes Lied ein anderes Land

■ Mediterraner Maghreb-Groove mit dem Schmelz, zu dem man einfach nicht nein sagen kann: Rai von Hamid Baroudi im HdKdW

Lebte er in Frankreich, wäre der gebürtige Algerier wahrscheinlich schon längst rundum etabliert. Erfolgreiche Kollegen wie der Rai- Crooner Khaled schätzen ihn, und ein Musiker wie Rachid Taha ist mit ähnlich avantgardistischem Konzept höchst erfolgreich in Sachen arabischer Pop. Doch Hamid Baroudi lebt halt nicht in Paris, sondern bloß in Kassel.

Hamid Baroudi sieht darin allerdings einen besonderen Sinn: nämlich einen eigenen Beitrag zu leisten, „daß sich hier in Deutschland endlich eine eigene Weltmusikszene etabliert“. Und um dieses Ziel zu erreichen, flirtet er auch gern kokett mit einem zuweilen recht kommerziellen Sound: Man spürt den Willen zum Ethno-Popstar. Damit steht der ehemalige Dissidenten-Sänger allerdings ziemlich allein auf weiter deutscher Flur – eine Ausnahmeerscheinung, deren Bezugspunkt nicht eine lokale Hörerschaft, sondern die globale Weltmusik-Community ist. Nur folgerichtig, daß er deswegen ständig auf Achse ist.

Sein neues Album, dessen Erscheinen heute abend gefeiert werden soll, entstand an ausgesprochen weit verstreuten Orten. Jeder Song wurde in einem anderen Land aufgenommen, gesungen wird zudem in fünf verschiedenen Sprachen: Spanisch, Französisch, Englisch, Arabisch und Wolof, der senegalesisch-gambischen Landessprache. „Die Platte ist wie eine Reise“, findet Hamid Baroudi.

Wie seine Aufnahmetour, die ihn von Berlin über Tokio bis Gambia führte, wo er Tondokumente sammelte oder im Studio mit örtlichen Musikern jammte – Weltmusik ist für Hamid Baroudi nicht nur ein Etikett, sondern sein Programm. Das Resultat wirkt trotzdem nicht kunterbunt aneinandergestückt, sondern im besten Sinne wie aus einem Guß. Mediterran verwurzelter, aber weltweit andockbarer Maghreb-Groove mit dieser gewissen Portion Schmelz, zu der man einfach nicht nein sagen kann.

„Fünf“ heißt die neue Scheibe schlicht, wie die Zahl, die in Marokko als mystisch und glücksbringend gilt. „Die Musik kommt überall auf der Welt gut an, weil sie perkussiv ist und sehr eingängig“, weiß Hamid Baroudi.

Um Tanztauglichkeit zu garantieren, hat unter anderem auch der japanische DJ Krush Hand angelegt. Möglich, daß bald ein Remix- Album folgt, wie schon beim Vorgänger „City No Mad“. Auf Vinyl sind jedenfalls schon ein paar brandneue Abmischungen unterwegs zu den Tanzflächen dieser Erde. Zunächst einmal aber wird Hamid Baroudi sein Werk persönlich und leibhaftig im Konzert präsentieren. Daniel Bax

Heute, 2.10., 20 Uhr im Haus der Kulturen der Welt, John-Foster- Dulles-Allee 10

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