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Hickel greift Ditfurth scharf an

■ Rudolf Hickel nennt Ditfurths Kritik am Visionenkongreß diffamierend / Dennoch bleibt er bei der Absage seiner Teilnahme

Der Dominoeffekt ist ausgeblieben. Jutta Ditfurths Appell an die ReferentInnen des 4. Internationalen Kongresses „Visionen menschlicher Zukunft“, ihre Teilnahme an dieser laut Ditfurth irrationalen und partiell faschistoiden Veranstaltung aufzukündigen, blieb folgenlos. Nach den Absagen von ZDF-Chefredakteur Klaus Bresser und dem Ökonomen Rudolf Hickel mußte Kongreßleiter Frank Siepmann bisher keine weiteren Rückzieher zur Kenntnis nehmen. Auch Bremens Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) will den Kongreß wie geplant am Samstag eröffnen.

Hickel erklärte im Gespräch mit der taz die Gründe für seinen kurzfristigen Rückzug:

Zwar sei er am Freitag durch Ditfurth auf die problematische Stoßrichtung des Kongresses aufmerksam gemacht worden, er teile jedoch nicht ihren generellen Vorwurf, daß der Kongreß in seiner Grundorientierung faschistoid und antisemitisch ausgerichtet sei. „Frau Ditfurth arbeitet hier mit effektheischenden und diffamierenden Brutalinski-Methoden, die ich nicht billige“, sagte Hickel. Insbesondere ihre Angriffe gegen die Bremer Professorin und Kongreß-Beraterin Annelie Keil seien niveaulos und fänden nicht seine Zustimmung. Ditfurth hatte Keil in ihrem Papier als faselnde Biologistin und rechte Feministin bezeichnet.

Die Kurzfristigkeit seiner Absage begründete Hickel mit einem mangelhaften Informationsstand. „Ich habe von Herrn Siepmann bis vor kurzem noch nie etwas gehört, kannte die Vorgängerkongresse nur vom Hörensagen und habe über die Stoßrichtung dieser Veranstaltung nichts gewußt“. Die Zusage, an einem Diskussionsforum über Massenarbeitslosigkeit teilzunehmen, habe er vor dem Hintergrund einer von Siepmann in Aussicht gestellten hochkarätigen Podiumsbesetzung gegeben, die nur wenig mit dem zu tun hatte, was er schließlich im offiziellen Programm sehen konnte. Zudem habe er erst später von dubiosen Anbietern erfahren, die auf der zeitgleich stattfindenden Messe „Natürlich leben '97“ihre Produkte anbieten werden. Hickel nannte ausdrücklich den Worpsweder Unternehmer Jürgen Fischer, der einen „Engel-Energie-Ackumulator“zeigen wird, mit dessen Hilfe man laut Fischer „gezielt mit bestimmten Engeln Kontakt aufnehmen kann“. Weder dem Kongreß, noch der Messe wolle Hickel mit seinem Namen den Anstrich von Seriosität verleihen.

Gegenüber der taz räumte Kongreßleiter Frank Siepmann ein, daß Fischers Apparat nicht zu Unrecht Kritik hervorrufe. Dennoch halte er an der Einladung fest, um eine „vorurteilsfreie Diskussion mit diesen persönlich integren Mann zu ermöglichen“. Hickels Kritik, daß die Werbung für den Kongreß stark von dem abweiche, was schließlich im Programm realisiert würde, teilte er hingegen zur teilweise. Zwar könne man diskutieren, ob die Praxis seines Vorbereitungsteams, mit Fotos von Prominenten zu werben, die nur angefragt wurden, seriös sei, aber niemand dürfe sich wundern, daß sich im Laufe einer mehrmonatigen Planung das Programm verändere. Angesichts der, so Siepmann, uneinsichtigen Absagebegründung hätte er gehofft, „daß der Herr Hickel nie zugesagt hätte“.

Auch Klaus Bressers Begründung für seinen Rückzieher habe ihn erstaunt. „Uns liegt ein Fax von Herrn Bresser vor, in dem von inhaltlichen Differenzen zu unserer Veranstaltung keine Rede ist. Stattdessen führt er dort an, daß er dienstrechtliche Probleme mit der gut honorierten Nebentätigkeit auf einer kommerziellen Veranstaltung befürchte“. zott

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