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Schmerzgrenze schmerzt

■ SPD schäumt: Schwarz-grünes Underdog-Bündnis kippt Bezirksreform

Die Hamburger Sozialdemokratie schäumte und tobte: Da wagten doch die ewigen parlamentarischen Underdogs CDU und GAL, sich zusammenzutun und das verhaßte, erst vier Monate alte Bezirksverwaltungsgesetz gestern in der ersten Bürgerschaftssitzung nach der Wahl zu kippen. Denn Schwarz-Grün hat die Mehrheit und kann sie nutzen, so lange noch keine neue Koalition geschlossen ist. Und dieses „Zeitfenster“wollen CDU und GAL für die „Wiederherstellung der kommunalen Demokratie“beanspruchen, so der Unions-Abgeordnete Heino Vahldieck.

Ein „unfreundlicher Akt“einer „unheiligen Allianz“sei das, fand SPD-Fraktionschefin Elisabeth Kiausch. Die GAL, mit der heute Koalitionsverhandlungen beginnen, sei „weder zuverlässig noch vertrauenswürdig und auch kaum regierungsfähig“. Das Ansinnen müsse als „charakterloses Opfer auf dem Altar des Populismus“gewertet werden. SPD-Fraktionsvize Jan Ehlers warf Schwarz-Grün „Freiheit ohne Verantwortung“vor. Der Wunsch, „die Sozialdemokraten auf den Knien zu sehen“, sei Hauptmotiv. Der parteilose Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem verstieg sich gar zu der Bemerkung, mit diesem Entwurf werde der „Mehrheit“ziemlicher „Murks“aufgezwungen, und zwar im „Schweinsgalopp“.

Für die Sozialdemokraten sei es scheinbar „undenkbar“, daß es „eine demokratische Meinungsbildung jenseits der SPD-Fraktion gibt“, brachte GAL-Fraktionschefin Krista Sager in ihrer ersten – sehr überzeugenden – Rede die Aufregung auf den Punkt. Sagers Vize Willfried Maier beschwor die „Stunde der Bürgerschaft pur“herauf, in der statt Koalitionszwängen die Chancen bestünden, „die Freiheit in dieser Stadt politisch zu organisieren“. Die Bezirke sollten nicht – wie von der SPD gewollt – zu einer „bloßen Debattenwiese“verkommen. Und schließlich werde man mit dem neuen Gesetz auch den Sozis in den Bezirken „eine helle Freude“machen.

Christdemokrat Roland Salchow fiel dazu nur noch ein Kommentar ein: „Ich wünsche der GAL viel Spaß mit dieser SPD.“Das Gesetz wurde in erster Lesung verabschiedet, die zweite findet in drei Wochen statt. Silke Mertins

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