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Es geht nicht ohne politische Positionen

■ betr.: „Mit Macht in ein virtuelles Loch“, taz vom 27.9. 97

[...] Leider sind, wie so häufig bei Politikern und ihren (zum Beispiel Braunkohle-)Plänen, auch bei Walter Jakobs schon die Grundannahmen falsch, denn Jakobs verwechselt auf seinem Kreuzzug für Rot-Grün die Ebenen. Ein Scheitern der Koalition zwischen SPD und Bündnisgrünen in Düsseldorf zieht natürlich nicht zwangsläufig das Aus dieser Option für Bonn nach sich. So simpel und mechanisch funktioniert Politik nun doch nicht. Auch in den Zeiten eines Schröders geht es nicht ohne politische Positionen. Rot-Grün ist ebensowenig ein Selbstzweck wie die Parole „Kohl muß weg“ ein politisches Programm. Hätte Jakobs recht, würde das im Umkehrschluß bedeuten, daß wir Grünen uns, zumindest in Düsseldorf, inhaltliche Debatten, Beratungen und Entscheidungen bis September 98 sparen könnten. In einer solchen babylonischen Gefangenschaft befinden wir Grüne uns jedoch nicht. Die Grünen in der selbstgewählten Falle, weil sie klar sagen: Nein, diese grundfalsche und klimapolitisch fatale energiepolitische Weichenstellung machen wir nicht mit, auch nicht, wenn die SPD uns mit Liebesentzug bestraft und Matthiesen und seine IGBE-Kumpels uns Prügel androhen?

Umgkehrt wird ein Schuh daraus: Hier einzuknicken, würde uns Grüne mit unserem Hintern auf direkten Weg in die Falle führen, in der wir mit dem Kopf schon drinstecken. Einmal ganz abgesehen davon, daß derselbe Jakobs mit vielen seiner KollegInnen, die bündnisgrüne Politiker heute für ihr besonnenes Handeln und ihre Bereitschaft zum Kompromiß loben, morgen, wenn unsere inhaltlichen Positionen erst einmal unwiderbringlich den Bach runter sind, nicht zögern wird, den Verlust an Glaubwürdigkeit bei uns Grünen zu geißeln.

Auch in der Sache hat Jakobs kolossal unrecht. Rechtsanwalt Geulen hat klar aufgezeigt, daß der Rahmenbetriebsplan trotz der Besonderheiten des Bergbaurechtes hinsichtlich neuer, im bisherigen Verfahren nicht berücksichtigter Erkenntnisse sehr wohl eine Bindungswirkung entfaltet. Dies begründet einen Anspruch des Bergbautreibenden auf Genehmigung und stellt damit einen Vertrauensschutz her einschließlich sich daraus herleitender möglicher Schadensersatzforderungen. Gerade wegen der Verpflichtung zur Überprüfung und Änderung des Braunkohleplans bei wesentlichen Veränderungen der Grundannahmen wäre eine völlig ohne Not erfolgende Genehmigung des Rahmenbetriebsplanes im Herbst dieses oder Frühjahr nächsten Jahres politisch motiviert und damit rechtswidrig! [...] Tarik Tell, Sprecher KV,

Bündnis 90/ Grüne, Troisdorf

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