: Die endlose Schlacht um Brazzaville
■ Hinter den Kämpfen um die Hauptstadt von Kongo-Brazzaville zeichnet sich ein Konflikt zwischen regionalen Machtblöcken ab
Berlin (taz) – Seine Leibwache bei seiner jüngsten Visite in Namibia bestand aus fünf Südafrikanern, Ölgeschäfte macht er am liebsten mit Firmen aus den USA, militärische Hilfe sucht er bei Laurent Kabila in der Demokratischen Republik Kongo, und die Versorgung des von ihm kontrollierten Territoriums läuft über Angola: Langsam aber stetig baut sich hinter Pascal Lissouba, angeschlagener Präsident von Kongo-Brazzaville, dieselbe Staatenkoalition auf, die bereits Kabilas AFDL-Rebellen im Kampf gegen die zairische Mobutu-Diktatur zur Seite stand. Lissoubas Widersacher Denis Sassou-Nguesso dagegen hat seine engsten politischen Freunde in Paris, sein Schwiegervater ist Präsident von Gabun, und seine Waffen kommen angeblich aus treuen Verbündeten Frankreichs in Afrika ins Land, zum Beispiel Togo und Tschad.
Mit jeder neuen Kriegsrunde in Kongo-Brazzaville verschärft sich daher das Risiko, daß der seit Anfang Juni währende Bürgerkrieg in einen regionalen Konflikt münden könnte. Es wäre ein weiterer Akt der zentralafrikanischen Konfrontation zwischen US-freundlichen Staaten auf der einen Seite und dem bedrängten frankophonen Lager auf der anderen.
Ob und wann dies geschieht, hängt zunächst vom Ausgang der Schlacht um Brazzaville ab. Zu drei Vierteln wird die inzwischen zerbombte und weitgehend entvölkerte Hauptstadt der Republik Kongo bereits von den Milizen Sassou-Nguessos kontrolliert. Ende letzter Woche war sogar davon die Rede, die Kämpfer des früheren Militärdiktators hätten Präsidentenpalast und Flughafen erobert. „Wir halten noch den Kontrollturm und drei Viertel der Rollbahn“, versuchte ein Regierungssprecher das zu relativieren. Offenbar kam es dann zu einem Gegenangriff, denn am Samstag präsentierte sich Lissouba stolz ausländischen Journalisten auf den Stufen seines Präsidentenpalastes und erklärte: „Ich bin zu Hause.“
Möglicherweise erhielt die Regierung Lissouba dabei auch Hilfe aus Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo auf dem anderen Ufer des Kongo- Flusses. Zwar ist noch immer nicht klar, in welchem Umfang der dortige Präsident Laurent Kabila seine Androhung wahrgemacht und eine Interventionstruppe nach Brazzaville geschickt hat – klar ist aber, daß seine Regierung die Lösung des Konfliktes in Brazzaville, den es als destabilisierend für das eigene Land empfindet, in die Hand nehmen möchte.
Zur militärischen Zweiteilung Brazzavilles – Lissouba kontrolliert den Süden, Sassou-Nguesso den Norden – kommt damit eine diplomatische Zweiteilung der gesamten Region. Denn mit seinen Eingreifversuchen steht Kabila in direkter Konkurrenz zum Präsidenten von Gabun, Omar Bongo. Während dieser, unterstützt von Frankreich und der UNO, immer wieder neue Waffenstillstände aushandelt, die nie respektiert werden, schafft Kabilas Interventionsbereitschaft Fakten vor Ort. Die mit der UNO zerstrittene Regierung in Kinshasa leistet sich sogar den Luxus, die UNO zur Entsendung einer Friedenstruppe nach Brazzaville aufzufordern – wohl wissend, daß der UN-Sicherheitsrat dies nicht vor einem Schweigen der Waffen beschließen wird. Dominic Johnson
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