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Boykottaufruf in Kamerun weitgehend befolgt

■ Opposition meldet Erfolg am Wahlsonntag: Beteiligung vielerorts „praktisch bei Null“

Jaunde/Berlin (AFP/AP/taz) – Endgültige Ergebnisse sind zwar erst für Ende Oktober angesagt, aber eigentlich ist alles schon klar: Kameruns autokratischer Präsident Paul Biya hat die Wahlen vom Sonntag gewonnen – und zugleich hat nur eine Minderheit der Kameruner für ihn gestimmt. Grund dafür ist der Boykottaufruf aller wichtigen Oppositionsparteien, der offenbar weitgehend befolgt worden ist.

Der Staatsrundfunk meldete zwar zu verschiedenen Zeitpunkten am Sonntag eine Wahlbeteiligung von zwischen 30 und 50 Prozent. Aber die zum Boykott aufrufende Oppositionspartei UNDP (Nationale Union für Demokratie und Fortschritt) erklärte gestern, die Beteiligung habe „in den großen Städten praktisch bei Null, weit unter zehn Prozent“ gelegen. Unabhängige Beobachter berichteten gegenüber AFP, weder in der Hauptstadt Jaunde noch in Kameruns größter Stadt Duala sei ein nennenswerter Zustrom zu den Wahllokalen zu verzeichnen gewesen. In Bamenda, Hochburg der ebenfalls zum Boykott aufrufenden größten kamerunischen Oppositionspartei SDF (Sozialdemokratische Front), hatte die Lokalverwaltung praktischerweise gleich eine Ausgangssperre verhängt, so daß sowieso kaum jemand wählen gehen konnte. Nur in Präsident Biyas Heimatregion im Süden gab es offenbar etwas Leben in den Wahllokalen.

„Die nationale und internationale Öffentlichkeit weiß nun, daß der Boykott nicht nur von den Führungen der dazu aufrufenden Parteien ausgeht“, erklärte die UNDP. „Er hat die Unterstützung der immensen Mehrheit der Kameruner.“ Die von SDF und UNDP angeführte Opposition hatte für den Wahltag zu einer „Operation Geisterstadt“ aufgerufen, bei dem die Bürger zu Hause bleiben. Aufrufe zu einem „aktiven Boykott“, bei dem Wahlwillige mit Gewalt von der Wahlteilnahme abgehalten werden könnten, hatte sie zurückgezogen. Grund für den Boykottaufruf war die nach Meinung der Opposition undemokratische Wahlvorbereitung: Kamerun hat keine unabhängige Wahlkommission, und von 14 Millionen Einwohnern stehen nur drei Millionen überhaupt auf den vom Staat erstellten Wählerlisten.

Nun bleibt abzuwarten, ob die Konfrontation zwischen Regime und Opposition weiter eskaliert. Die Regierung hat vor der Wahl versucht, Angst vor einem bewaffneten Aufstand enttäuschter Regimegegner zu verbreiten. Real ist die Sorge, Kamerun könnte wie der südliche Nachbarstaat Kongo- Brazzaville in einen Bürgerkrieg rivalisierender Milizen schlittern. Bereits im Juli schloß Kamerun seine südlichen Genzen und erklärte, bewaffnete Gruppen aus dem Kongo wollten das Land über Äquatorialguinea infiltrieren. Das kamerunische Parlament hat kürzlich ein Gesetz verabschiedet, wonach die zahlreichen von Ausländern geführten privaten Sicherheitsfirmen in Kamerun bis spätestens November an Einheimische übergeben werden müssen. D.J.

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