„Zum Vernaschen“?

■ Claudia Schiffer verliert in Hamburg einen Rechtsstreit um die Wahrung ihrer Intimsphäre Von Kai von Appen

Supermodel Claudia Schiffer hat unerwartet ein juristisches Eigentor geschossen: Jahrelang lehnte es die 24 Jahre alte Katholikin ab, ihren Körper unbekleidet zu zeigen – nur Beine und Kopf blieben unverhüllt. Auch für den „Playboy“ machte sie keine Ausnahme. Das brachte ihr selbst bei männlichen Richtern Respekt ein. Als Hochglanzmagazine Nacktfotos von ihr abdruckten, die heimlich am Strand von Mallorca geschossen worden waren, hagelte es massenhaft Einstweilige Verfügungen gegen die Veröffentlichungen der Bilder.

Auch als die peinliche Gruner & Jahr-Gazette „Tango“ am 9. Februar 1995 geschmacklos montierte Nacktaufnahmen der Schiffer veröffentlichte, erließ die Hamburger Pressekammer sofort eine Einstweilige Anordnung auf Unterlassung eines nochmaligen Abdrucks. „Persönlichkeitsschutzrecht geht vor Kunstrechtsschutz“, so der Vorsitzende Harald Ficus gestern zur damaligen Entscheidung.

Steine des Anstoßes: Die nackte Copperfield-Verlobte reitend auf einem Schokoriegel, als wäre sie „zum Vernaschen“, so Ficus. Und: Claudia Schiffer nackt in einem Hot-Dog liegend, als knackige Beilage sozusagen. Richter Ficus hielt diese Abbildungen für „eine Verletzung der Intimsphäre.“

Doch mittlerweile ist das Top- Model seinen Prinzipen etwas untreu geworden, was gestern zum Meinungswandel des Gerichts führte. Auf einem Titelfoto der um Marktanteile bemühten Münchner Illustrierten „Bunte“ zeigte sie sich nämlich gegen Bares freizügig. Busen und Schambereich waren nur spärlich bedeckt. Das Model trug allein eine – genau für diesen Zweck gedachte – Perücke mit vorhanglangem Blondhaar. Ficus: „Nur ein bißchen mehr Haare als auf dem Hot-Dog.“ Und deswegen ging Claudia Schiffer nun mit ihrer Klage baden.

Denn wenn ein Model seinen Körper auch nackt vermarkte und somit als Person der Zeitgeschichte seinen Intimbereich „oute“, so die abstruse Argumentation des Gerichts, müsse es sich auch gefallen lassen, daß sein Körper als „karikierendes Kunstgemälde“ gezeigt wird.

Schiffer-Anwalt Matthias Prinz versuchte zu retten, was nicht zu retten war: „Es kann doch nicht angehen, daß wegen einer Werbeaufnahme für eine Textilfirma ein Model für ewig seine Intimsphäre verliert.“ Doch das Gericht zeigte sich knallhart. Ficus: „Herr Gott noch mal, das ist Kunst!“ Und somit hob die Pressekammer die Einstweilige Anordnung auf. Prinz: „Ich gehe in Berufung.“