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Law and Order rot begrünt

SPD und GAL einigen sich auf „starke Polizeipräsenz auf der Straße“, Sicherheitskonferenzen und keinen Polizeibeauftragten  ■ Von Silke Mertins

Jahrelang dienten die Themen Justiz und Innere Sicherheit als Kampfarena zwischen SPD und GAL. Im Wahljahr lieferte man sich erbitterte Auseinandersetzungen. Nun aber wollte man von einem rotgrünen „Streitthema“, von Hürden oder gar Knackpunkten nichts mehr wissen. Höchstens von „ein paar kniffligen Punkten“könne die Rede sein, wiegelte der designierte Erste Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) zum Auftakt der gestrigen Koalitionsverhandlungen ab. Auch GAL-Verhandlungsführerin Krista Sager wollte ernsthafte Differenzen „gar nicht erkennen“.

Entsprechend schmusig präsentierte sich das Spitzenduo nach sechseinhalbstündigem Plausch. Man sei sich einig, daß eine „starke Präsenz der Polizei auf der Straße“Bestandteil rot-grüner Sicherheitspolitik sein solle, so Runde. Auch die Situation in St. Georg und an der Sternschanze soll „entschärft“werden. Konkret wurden die künftigen, einander aufs freundlichste zugewandten Koalitionäre nicht.

Deutlich wurden Sager und Runde nur in einem Punkt: Auf einen Polizeibeauftragten, in welcher Form auch immer, hat man sich nicht einigen können, sondern „strittig unterhalten“, berichtete Runde. Das Problem sei an eine Arbeitsgruppe übergeben worden. Warum die SPD-Delegation sich gegen die einzige konkrete Konsequenz aus dem Polizeiskandal wehrt, ist rätselhaft. Die SPD-Bürgerschaftsfraktion selbst hatte den Senat aufgefordert, eine Kontrollkommission (als Variante eines Polizeibeauftragten) einzurichten. Auch die „Dienststelle für interne Ermittlungen“(DIE) bleibt in der Innenbehörde.

Durchsetzen konnte die GAL sich teilweise mit ihrer Forderung, „Sicherheitskonferenzen“einzurichten, die stadtteilbezogen Polizei, Bürger und Initiativen zusammenbringen und Lösungen erarbeiten sollen. Doch das sogenannte Potsdamer Modell soll nur in zwei Bezirken – wahrscheinlich einem citynahen und einem Außenbezirk – ausprobiert werden.

Sparen will Rotgrün auch mit der „Konzentration auf hoheitliche Aufgaben“. Insbesondere von Großveranstaltungen wie Fußballspielen und möglicherweise auch von Verkehrsunfällen will man die Polizei entlasten. Lippenbekennender Schwerpunkt künftiger Polizeiarbeit soll die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, Kinder, Minderheiten, Straßenraub und Umweltkriminalität sein.

Auch bei den Verhandlungen im Bereich Justiz einigte man sich nur auf Sprachregelungen und Absichtserklärungen. Die Verlegung der JVA Neuengamme steht noch immer in den Sternen. Als Neuerung priesen Runde und Sager die Einführung von Fahrverboten als Strafe für delinquente Jugendliche an.

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