: Vernagelte Kopffüßler
■ betr.: „Sonne der Dummen“, taz vom 21.10. 97
Was soll der süffisante Unterton, das unterschwellige Gegrinse, das Gefasel von „Frauenpower“ und „kollektiven Blutungen“ etc.? Was ist daran komisch, seltsam oder sonstwie belächelnswert, wenn Frauen zusammenkommen, um sich zu spüren und zu erfahren als Teil der Natur, deren Energie wahrzunehmen, zuzulassen und aufzunehmen? Tatsache ist, daß wir Frauen, allein weil wir als weibliche Wesen geboren wurden, den Rhythmen der Natur wesentlich näher sind als ein Mann. Wir sind Natur: durch unseren monatlichen Menstruationszyklus, durch die Gabe, Kinder zu gebären und mit unserem Körper zu ernähren. Kann mir mal einer sagen, was daran lächerlich ist und der Ignoranz bedarf? Frauenpower, das ist für mich was anderes, als grölend, womöglich lila gewandet im Kreis um ein Feuer zu hopsen und danach – supergeil – total scharf auf Sex zu sein.
Ich finde es eher traurig, daß in unserer betonierten, elektrisch erhellten Zivilisationswelt, die die Nacht zum Tag macht, das Naturerlebnis auf die Berührung mit der eingeschweißten Schlangengurke im Gemüsefach des Supermarktes reduziert ist. Und ich finde es bedauerlich, wenn sich frau mit dem Wunder des Lebens (denn genau darum geht es, so abgegriffen das klingen mag) nur beim Wechseln ihres Tampons auseinandersetzen mag. Verdammt noch mal – wann kapieren wir vernagelten Kopffüßler endlich, daß Natur etwas ist, was in uns abläuft, uns steuert und immens beeinflußt, und kein Spektakel irgendeiner Um- oder Mitwelt im Außen ist, an dem wir nur als Zuschauer teilhaben.
Das stärkste Stück ist allerdings, wenn frau dann die Verantwortung für den eigenen Schwachsinn, den sie verzapft, der „Mondin“ in die Schuhe schiebt! Lydia Di Bernardo,
Hohenschäftlarn
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