piwik no script img

Grüne gehen aufeinander zu

■ Die grüne Fraktion in Bonn versucht den öffentlichen Streit um den Programmentwurf zu dämpfen. Nur noch vereinzelte Kritik vom Realo-Flügel. Gegenpapiere nicht ausgeschlossen

Bonn (taz) – Seit rund zwei Wochen wird der parteiinterne Streit der Bündnisgrünen über den Programmentwurf ihres Bundesvorstands vor allem über die Medien ausgetragen – gestern redeten die Vertreter der verschiedenen Lager auch wieder einmal persönlich miteinander: Der Konflikt war Thema auf der Fraktionssitzung in Bonn.

Alle Seiten bemühten sich demonstrativ, den Willen zur Einigung zu zeigen. Parteisprecherin Gunda Röstel, die dem realpolitischen Flügel zugerechnet wird, trat für eine „Versachlichung der Debatte“ ein. Fast wörtlich dasselbe hatte schon vor Beginn der Sitzung Fraktionssprecherin Kerstin Müller gefordert, die als Parteilinke gilt. Alle Seiten müßten noch vor der Bundesdelegiertenkonferenz im November klärende Gespräche führen. Es sei ein „riesiger Fehler“ gewesen, den Entwurf als „Regierungsverhinderungsprogramm“ zu bezeichnen, wie es einige hessische Grüne getan hatten. Damit mache „man sich zu Kronzeugen eines CDU-Wahlkampfs“.

Überraschend verteidigte auf der Sitzung sogar einer der profiliertesten Vertreter des Realo-Flügels den als „links“ geltenden Programmentwurf: Er sei „wesentlich vernünftiger als der von 1994“, meinte Oswald Metzger. Der Entwurf marschiere „in Richtung Mitte“. Sein Fraktionskollege Volker Beck machte schon vor der Sitzung recht konkrete Veränderungsvorschläge: „Vielleicht muß man im Programm deutlicher unterscheiden zwischen dem, was wir innerhalb von vier Jahren gemeinsam mit der SPD erreichen können, und dem, was wir langfristig programmatisch wollen.“

Andere Töne waren gestern fast nur von Rezzo Schlauch zu hören. Der Entwurf des Vorstands ergehe sich „in grüner Bekenntnisrhetorik“, meinte er – und Linke wie Realos zeigten sich am Rande der Sitzung beinahe dankbar darüber, daß hier einer den Streit noch einmal offen beim Namen genannt hatte. Vorbei dürfte er ohnehin nicht sein. Ludger Volmer, einer der Fraktionslinken, deutete an, wie es nun weitergehen könne. Es gebe ja Hinweise, denen zufolge die Realos einen Gegenentwurf zum Konzept des Bundesvorstands schreiben wollen. Er rechnet damit, daß „auch von links“ noch ein Gegenentwurf komme, „von Leuten, denen der Entwurf des Bundesvorstands zu zahm ist. Dann gibt's drei Entwürfe, und der des Vorstands liegt plötzlich in der Mitte.“ Bettina Gaus

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen