Finanzbaron gefeuert

■ Rußlands Präsident entläßt Beresowski aus dem Sicherheitsrat. Streit um Privatisierung

Moskau (taz) – Der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates, Boris Beresowski, wurde gestern von Präsident Jelzin seines Postens enthoben. Gerüchte, der milliardenschwere Finanztycoon müsse sein öffentliches Amt räumen, kursierten seit Monaten. Beresowski gehörte zum Kreis der G7, einer Interessengemeinschaft der mächtigsten Finanzmagnaten, die den Wahlkampf Boris Jelzins im vergangenen Jahr finanziert hatten. Natürlich nicht aus reinem Altruismus. Nach Jelzins Wiederwahl verlangten sie, nicht nur an der Macht beteiligt, sondern auch bei der Vergabe von Staatseigentum bevorzugt und mit fiskalischen Privilegien ausgestattet zu werden.

Die Eintracht zwischen Kapital und Politik war bereits im Frühling gebröckelt, als die Vizepremiers Boris Menzow und Anatoli Tschubais einen neuen Reformschub ankündigten. Dem Kampf um die Pfründen fiel auch die Zweckgemeinschaft der Finanzbarone zum Opfer. Mit der Teilprivatisierung der staatlichen Telekom Swjasinvest im Sommer erreichte der Konflikt seinen Höhepunkt. Verlierer Beresowski und der Chef der Unternehmensgruppe Most, Wladimir Gussinski, warfen den Vizepremiers unlautere Praktiken vor und eröffneten mit ihren Medienimperien eine beispiellose Verleumdungskampagne.

Tschubais und Nemzow sollen in einem vertraulichen Gespräch auf der Regierungsdatscha in „Gorki 9“ Jelzin überredet haben, Beresowski den Laufpaß zu geben. Warum der Kremlchef dem Drängen jetzt nachgab, gehört in den Bereich der Spekulation. Womöglich hängt das mit der geplanten Privatisierung von vier Großunternehmen der Energiebranche zusammen. Beresowski favorisierte den Verkauf von Staatseigentum hinter verschlossenen Türen und zu Schleuderpreisen. Die Vizepremiers wollen allen Bietern mehr an Chancengleichheit einräumen und auch Ausländer zum Bidding zulassen, um mehr Geld für die Staatskasse einzuspielen.

Nun wird spekuliert, ob Jelzin eine andere Aufgabe für Beresowski findet, zumal der Finanzbaron beste Beziehungen zur Präsidententochter Tatjana unterhalten soll. Die Kommunisten begrüßten die Entlassung als ein Geschenk an die Werktätigen zum 80. Jubiläum der Oktoberrevolution. Klaus-Helge Donath