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Sparen in „angstfreier Atmosphäre“ garantiert

■ Kirchenliberaler Manfred Kock wird neuer Vorsitzender der evangelischen Kirche

Berlin ( taz) – Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Kock (61), wird neuer Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Der neugewählte EKD- Rat einigte sich gestern in Wetzlar (Hessen) einstimmig auf Kock als neuen Repräsentanten von knapp 28 Millionen evangelischen Christen. Sein Stellvertreter wird der sächsische Landesbischof Volker Kreß (58). Der bisherige EKD- Ratsvorsitzende, Klaus Engelhardt (65), geht nach sechsjähriger Amtszeit aus Altersgründen in den Ruhestand.

Die Wahl Kocks war eine Überraschung, als Favorit für das Amt des Kirchenvorsitzes war zunächst der Landesbischof von Berlin- Brandenburg, Wolfgang Huber, gehandelt worden. Manfred Kock vermochte es offenbar, mit seiner Predigt auf der Synode in Wetzlar die Kirchenparlamentarier für sich einzunehmen. In seiner Rede betonte Kock, der in Kirchenkreisen als Liberaler gilt, die politische Verantwortung der Christen und forderte die Öffnung der Kirche. Daß er den anwesenden Bundeskanzler Helmut Kohl mit Hinweisen auf die gescheiterte Steuerreform und der Forderung nach einem Abbau des sozialen Gefälles in Deutschland konfrontierte, wurde allgemein als Ausdruck von Unabhängigkeit gewertet.

Kock betonte seine besondere Verbundenheit mit den Christen in den neuen Ländern, nicht zuletzt durch seine Erfahrungen als Präses der Synode der Evangelischen Kirche der Union. Damit präsentierte er sich als Wunschkandidat seines Vorgängers Engelhardt, der am Rande der Synode gefordert hatte, der neue Kirchenvorsitzende müsse eine „Brückenfunktion" zwischen den ost- und westdeutschen Landeskirchen einnehmen. In Zeiten der Sparhaushalte drohe die Solidarität zwischen den Kirchen verlorenzugehen, so Engelhardt. Die ostdeutschen Kirchen könnten sich aber gegenwärtig nicht allein finanzieren.

Damit zeichnet sich die Herausforderung des neuen EKD-Vorsitzenden ab: die Verwaltung der Kirchen bei sinkenden Steuereinnahmen. Für die nächsten zwei Jahre werden Mindereinnahmen von mehr als zehn Prozent erwartet. Engelhardt hatte eine Verschlankung und Zentralisierung der Kirchenverwaltung angestrebt.

Den Ruf eines Liberalen, der auch in den für die Kirche stürmischen Zeiten „nach allen Seiten vermittelt", hat sich Nachfolger Manfred Kock als Vorsitzender der rheinischen Synode erworben. Prägend für den 1936 im westfälischen Burgsteinfurt geborenen Sohn eines Justizbeamten war die lange Tätigkeit in Köln, wo Kock 27 Jahre lang wirkte, zunächst als Jugendpfarrer, dann als Superintendent. Als Vorsitzender der rheinischen Landessynode, zu dem er im vergangenen Januar gewählt wurde, galt Kock, der in Bethel, Münster und Tübingen studiert hat, als „im kirchlichen Sinne liberal und offen".

Bei der Regelung innerer Angelegenheiten in der rheinischen Landeskirche wie der Zusammenlegung kirchlicher Einrichtungen habe er eine „angstfreie Atmosphäre" garantiert, hieß es in Kirchenkreisen – eine Fähigkeit, die ihm nach Ansicht mancher Synodaler in der vor gravierenden Einschnitten stehenden EKD zugute kommen dürfte. Noel Rademacher

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