: Antworten auf Letzte Fragen
Warum ist das Böse interessanter als das Gute? (25.10. 97)
Die Menschen finden das Böse so anziehend, weil sie – so gut das Gute auch sein mag – das Gute irgendwann einmal überhaben. Schließlich verlangt es mehr von uns, Gutes zu tun, als sich dem Bösen hinzugeben. Deswegen hält man auch insgeheim zu den Bösewichtern, weil sie moralische Entlastung von der Forderung bieten, Gutes zu tun.Norbert Mallik, Bad Dürrheim
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Warum bekommt der Specht keine Gehirnerschütterung, oder bekommt er doch eine? (25.10. 97)
Es scheint so zu sein, daß die Erschütterungen der Hiebe durch elastische Verbindungsstücke zwischen den Schädelknochen abgefangen werden und der Specht daher nicht mit Drehwurm und Gehirnerschütterung vom Baum fällt.Katrin Johansen
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Wenn mich der Körpergeruch eines anderen stört: Ist dann anzunehmen, daß sich der andere auch an meinem Körpergeruch stört? (25.10. 97)
Einer meiner Bekannten ist Rheinländer und Hochschuldozent. Ich lediglich arbeitsloser Volksschullehrer und Bayer. Dieser Bekannte – er schreibt mir schon mal eine wohlmeinende persönliche Empfehlung – kann mich nicht riechen: Ich hätte oft einen sehr starken Geruch, was er bis ins Detail ausführte. Über diesen rheinischen Spontankommentar meines Freundes sprachlos, geriet ich in eine hilflose Defensive. Erst die taz-Frage zur Reversibilität von Geruchsaversionen bringt mir (dem eine Frau ohne Eigengeruch wie Farbenfreude auf Schwarzweiß erscheint) nun weitere Erlösung in meinem Geruchstrauma.
Ich weiß, daß ich mich so häufig wasche wie mein geruchssensitiver gutsituierter Bekannter, jedoch mit hautfreundlich minimalem Seifeneinsatz, mit welchem jener sich kräftig von jeder selbstverantworteten Geruchsschuld freiwäscht. – Ich kann ihn also gar nicht riechen, den Freund. Seine Antwort: Er kann mich zwar, will mich aber nicht riechen. Die Dialektik des Einander-nicht-riechen-könnens ist also komplexer, als es zunächst schien. Danke für die Frage, John Adam!Reiner Seif, Rosenheim
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Was macht man, wenn sich eine gefährdete Tierart ausschließlich von einer gefährdeten Pflanzenart ernährt? (1.11. 97)
Man macht sich so seine Gedanken.Gerd Neurath, Saarbrücken
Nichts. Wenn es die Futterpflanze nicht mehr gibt, stellt sich das Tier um oder stirbt aus. Das passiert seit Jahrtausenden so. Unflexible Lebewesen haben in der Evolution keine Chance! Man könnte allerdings auch dafür sorgen, daß die gefährdete Pflanze nicht ausstirbt, indem man die Bedingungen für Wachstum, Vermehrung und Ausbreitung wiederherstellt bzw. verbessert. Dann hätte die gefährdete Tierart weiterhin zu fressen. Beide blieben erhalten. Aber das rechnet sich wohl eher nicht – „Darwinismus“ kommt billiger... vorerst! Rainer Pörzgen, Lüneburg
So eine Konstellation ist extrem unwahrscheinlich, da die wenigsten Tierarten sich wirklich nur auf eine einzige Nahrungsressource verlassen, die Abhängigkeit von deren Entwicklung ist einfach zu groß. Solch monokausale Beziehungen existieren in der Natur äußerst selten. Eine Maßnahme wäre sicherlich, den Lebensraum der beiden Arten nicht weiter zu verkleinern (besser wäre natürlich, ihn wieder auszudehnen) und ihre Lebensbedingungen zu verbessern, damit sich stabile Populationen beider Arten aufbauen und erhalten können. Ansonsten empfiehlt sich simples Nichtstun. Vroni Retzer, Bayreuth
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Warum ist Lila die Farbe der Frauenbewegung? (1.11. 97)
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Weil es sich bei der Farbe Lila um ein ausgesprochen vielseitiges Symbol handelt. Ob es nun an bestimmte englische Frauenwahlrechts-Kämpferinnen erinnert, die um die Jahrhundertwende ihre „Würde und Selbstachtung“ in Lila ausdrückten; ob es die Aneignung des Purpurs („purple“) als Farbe der Macht meint; ob es die jahrtausendealte Farbe der Homosexualität ist, die auf die Frauenbewegung abgefärbt hat; ob es den Bischöfen das männliche Vorrecht auf spirituelle Autorität abspricht; oder ob beim Lila einfach alle Zwischentöne zwischen den (Geschlechter-)Polen Rot und Blau erlaubt sind, im Lila findet sich so manches frauenbewegte Selbstverständnis wieder.Susanne Stempinski, Augsburg
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Wofür ist an meinem Schweizermesser das spitze Ding mit Loch neben dem Korkenzieher? (1.11. 97)
Das Ding, glaube ich, ist eine Ahle, die dazu dient, z.B. Löcher in Leder vorzubohren, damit mensch selbiges anschließend nähen kann. Laut Gebrauchsanweisung soll mensch es auch noch dazu benutzen können, Angelhaken aus Fischmäulern zu entfernen, wobei ich mir vorstellen kann, daß das nicht ganz einfach ist – vor allem, ohne den Fisch übel zu verletzen. Ansonsten kann man es wundervoll dazu verwenden, Löcher in so gut wie alle harten Materialien zu bohren, man sollte nur aufpassen, sich die Finger nicht zu verletzen, wenn das Ding zuklappt. Vroni Retzer, Bayreuth
Drei von vier meiner Schweizermesser (die echten mit dem weißen Kreuz auf rotem Grund) hatten neben dem Korkenzieher ein spitzes Ding mit Kerbe, aber ohne Loch.
Selbstverständlich dienen die spitzen Dinger zur Abwehr übler Subjekte, die den Korkenzieher klauen wollen.Uwe Wolff, Berlin
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