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"Liebe taz..."Die Schule steht hinter Ibrahim -betr.: "Zurück unter die westafrikanische Diktatur!", taz-Bremen vom 23.10.1997

Betr.: „Zurück unter die westafrikanische Diktatur!“taz vom 23.10.97

Junge Menschen fliehen aus Togo nach Deutschland, um einer brutalen, willkürlichen Diktatur zu entrinnen. In der Regel verstört durch die Umstände ihres Schicksals, bitten sie hier um Hilfe. Wir gewähren sie ihnen solange, bis sie durch das Räderwerk der Asylbewerbung gegangen sind. Das Ergebnis scheint jedoch schon bei Antragstellung festzustehen: „Asylanträge togoischer Asylbewerber werden ... in der Regel abgelehnt“, schreibt Herr Borttscheller (30.7.97) den Schülern des Schulzentrums an der Kochstraße, die mit der Bitte um Hilfe bereits mehrfach an ihn herangetreten sind. Statt sich ihnen im freien Gespräch zu stellen (wie es ja immerhin Herr Scherf am 14.10. getan hatte), trifft eine Schülerdemo gegen Abschiebung auf eine Polizeikette vor dem Gebäude des Innensenats. Dies ist die neue Sprache, wie sie uns aus dem Hause Borttscheller entgegenschallt. Dem entspricht auch der Ton der Ausländerbehörde, wenn sie verlauten läßt, die Abschiebung der Minderjährigen „auch im Falle der Klageerhebung durchsetzen“zu wollen.

Am 28.7. behauptet Borttscheller aufgrund des „jüngsten Lageberichtes des Auswärtigen Amtes“, dieser stelle „erneut eindeutig klar, daß ein Abschiebestop für abgelehnte Asylbewerber aus Togo nicht gerechtfertigt wäre“. Wie er zu dieser Feststellung aufgrund des Lageberichtes kommt, bleibt sein Geheimnis. Stattdessen heißt es dort: „Charakteristisch für die politische Verfolgung in Togo war und ist die Unberechenbarkeit der gegen die Opfer ergriffenen Maßnahmen.“Der internationale Sozialdienst, zuständig für die Organisation von Betreuungsmöglichkeiten in Togo, sieht die Rückkehr der Jugendlichen als „nicht zu verantworten“an. Eine ganze Schule fordert immer wieder: „Ibrahim soll bleiben!“

Herrn Borttscheller scheinen diese Stimmen nicht anzufechten. Ohne daß für eine Betreuung der Jugendlichen in Togo gesorgt wäre, sollen sie eiskalt ausgeliefert werden. Was ist los mit uns, daß wir dies hinnehmen? Wir leben in der Vorweihnachtszeit, in der Begriffe wie Nächstenliebe, Menschlichkeit, Solidarität, Anteilnahme wieder Hochkonjunktur haben werden. Wäre es nicht an der Zeit, sie mit Inhalt zu füllen? Oder herrscht doch „bürokratisch verklausulierte Barbarei“(Grass), weil wir gar zu schnell bereit sind, Recht mit Gerechtigkeit gleichzusetzen?

Bodo Bilinski, Lehrer am Schulzentrum Kornstraße

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