: Rückendeckung, Mann!
■ Personifikation des Ska: Die Skatalites lassen immer noch den Offbeat rollen
Von den zahlreichen Theorien über die Entstehung des Ska stimmt eine besonders heiter: Wegen des schlechten Radioempfangs über Kuba und die Karibik hinweg sei es zu einer derartigen Verzerrung des Rhythm'n' Blues gekommen, daß man auf Jamaika Schlagzeug und Baß erst mit einer leichten zeitlichen Verzögerung wahrgenommen habe. Durch die so verursachte Rhythmusverschiebung zu Off-Beat-Serien sei der Rhyhtm'n'Blues dort von jeher als Ska wahrgenommen worden.
Das klingt abstrus und konnte natürlich nie bewiesen werden. Sicher aber ist: In gleichem Maße wie die 1962 erlangte Unabhängigkeit Jamaikas das politische Klima auf der Insel veränderte, verschob der neue Beat die musikalischen Parameter. Und wann immer es in jenen Tagen des Aufbruchs eine Ska-Session gab – die Skatalites hatten als Hausband von Sir Coxsone Dodds Studio One- und Duke Rieds Treasure Isle-Label fast immer ihre Finger im Spiel. Wer als Sänger von Rang eine Begleitkapelle brauchte, ging zu ihnen. Das galt für den „Godfather of Ska“, Laurel Aitken, ebenso wie für die auch heute noch auf Skatalites-Konzerten zu bewundernde Doreen Shaffer oder die jungen Wailers mit ihrem Leadvokalisten Bob Marley.
So schnell die politische Euphorie verflog, endete allerdings auch die Karriere der Skatalites. Nur etwa zwei Jahre hatten sie miteinander verbracht, als sie sich 1965 trennten, um diversen anderen musikalischen Aktivitäten nachzugehen oder sich, wie im Falle des legendären Posaunisten Don Drummond, von der Welt zu verabschieden. Das Ende war jedoch nur ein vorläufiges: Nach knapp zwei Dekaden Pause kehrten die Skatalites zurück – mit leicht verändertem Line-Up, aber der gleichen Würde und Virtuosität, die sich die meisten Mitglieder schon in den Fünfzigern bei Auftritten mit Hotelcombos angeeignet hatten. Auch 1997 verstehen es die acht zumeist alten Herren wie keine andere Band, nach der Maxime zu verfahren, die einst Drummer Lloyd Knibb in bestem Patois ausgab: „Man shoulda back up man –pon solo, not just sit there and watch.“Sitz' nicht nur rum und guck' in die Luft, wenn der Kollege sein Solo spielt; gib ihm Rückendeckung, halt' den Groove am Rollen! Das hat bisher fast jeden Konzertbesucher zum Tanzen gebracht.
Die Skatalites sind die Personifikation des Ska, so viel ist klar. Über die Anfänge dieser Musik darf hingegen weiter gerätselt werden. Altsaxophonist Lester Sterling, einer der neben Knibb, Lloyd Brevett und Roland Alphonso noch zur heutigen Besetzung zählenden Skatalites-Gründer, hat da seine eigene, onomatopoetische Variante: „Rico (Rodriguez) stellte mich Coxsone (Dodd) vor und nahm mich zu meiner ersten Session mit. 1958 war das, eine Cox-sone-Session im Federal, und ich blies Ska, Ska, Ska; da fingen sie an, mich Ska Sterling zu nennen.“
Jan Möller
mit The Allstonians: Fr, 14. November, 21 Uhr, Fabrik
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