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Betriebe für Teilzeitstellen belohnen?

■ Marieluise Beck, Grüne MdB, will Arbeitszeitverkürzung für Firmen durch „Bonus“bei Sozialbeiträgen attrakiv machen

Auch ein kontinuierlicher Konjunkturaufschwung wird die Arbeitslosigkeit nicht zum Verschwinden bringen, darin sind sich alle Wirtschafts-Experten einig. Umgekehrt gibt es eine schlichte Rechnung: Wenn alle, die derzeit noch 37,5 oder mehr Stunden in der Woche schuften, zehn Stunden „abgeben“würden, dann gäbe es das Problem Arbeitslosigkeit nicht mehr. So schematisch geht es natürlich nicht, aber die Modellrechnung wirft die Frage auf: Was wird getan, um Arbeitszeitverkürzung finanziell attraktiver zu machen?

„Bonus-Malus-System“heißt die Idee, mit der die grüne Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck aus Bremen die gerechtere Verteilung der Arbeit fördern will, wie sie die Grünen am Wochenende bei ihrem Bundesparteitag in Kassel gefordert haben. Becks Plan ist einfach: Arbeitgeber zahlen 50 Prozent der Lohnnebenkosten. Das soll so bleiben, aber sie sollen für die ArbeitnehmerInnen, die einige Stunden unter der Normalarbeitszeit von 37 Stunden liegen, etwas weniger zahlen, dafür für Vielarbeiter und insbesondere für Überstunden mehr. „Beitragsneutral“soll der Ausleich sein für alle Unternehmen, das System soll aber den einzelnen Unternehmer notivieren, Arbeitszeitverkürzung zu fördern und nicht nur auf mögliche Belastungen der betrieblichen Arbeitsabläufe zu achten.

Die Bundestagsabgeordnete Beck hat kürzlich diese Idee in Bremen einigen Betriebsvertretern vorgestellt – und ist „überrascht“, wie positiv der Gedanke aufgenommen wurde. Der Betriebsrat der Bremer Dasa, Uwe Neuhaus, fand sogar: „Wir sind da schon weiter“. Bei der Dasa stellte sich nämlich auch die Frage der Arbeitnehnmer-Solidarität, als der Konzern mit dem „Dolores“-Konzept die Arbeitsplätze von 3.600 auf 700 abbauen wollte. Der Schock saß tief. Unter anderem sicherte aber das Angebot der Belegschaft, für eine Laufzeit von drei Jahren die Arbeitszeit um 1-3 Stunden zu reduzieren, einer Menge Kollegen den Job. Das Unternehmen sicherte sich dafür die Zustimmung zum Abbau: Am Ende dieses Jahres soll es noch 2.300 KollegInnen bei der Dasa in Bremen geben.

Positiv hatte auch die Geschäftsführung der Bremer Straßenbahn, vertreten durch Hubert Resch, reagiert. Von 500 Kollegen, die derzeit berechtigt sind, gegen Lohneinbußen auf „Altersteilzeit“zu gehen, hätten 250 in Beratungsgesprächen ihr Interesse signalisiert, für 120 davon sei die Sache schon klar. Besonders die älteren Kollegen im Schichtdienst seien durchaus bereit, gegen etwas mehr Lebenszeit auf Einkommen zu verzichten.

„Die schwierigste Auseinandersetzung ist die um die Einkommen“, sagte Beck. Deswegen der vorsichtige Umweg über die Sozialbeiträge der Unternehmen. So gab der Geschäftsführer der Angestelltenkammer, Werner Klimm, zu bedenken, die Idee von der „solidarischen Umverteilung“sei „schwer in die Köpfe derer, die Arbeit haben“, hineinzubekommen. Gerade im Handel würden schon 70 Prozent Teilzeit-Kräfte arbeiten. Die Geschäftshäuser für ihre Billig-Jobs noch zu „belohnen“, das mochte ihm nicht einleuchten. Und für die Teilzeitkräfte sei eine weitere Verkürzung der Einkommen nicht zu akzeptieren. Solange die Idee „Bonus-Malus-System“nicht zwischen Branchen unterscheide, sei sie „unausgegoren“.

Marieluise Beck hingegen wollte sich mit dem weitergehenden Vorschlag des Dasa-Mannes, doch die Sozialversicherungsabgaben der Arbeitnehmer auch einzubeziehen in das „Bonus-Malus-Modell“nicht recht anfreunden – „aus Prinzip“, denn die 50:50-Regelung bei den Sozialbeiträgen solle nicht infrage gestellt werden. Da wolle sie nicht „schlafende Hunde wecken“.

Die Bonus-Malus-Idee geht nun den schweren Weg durch die Bonner Politik-Bürokratie: Durch den Bundestag ist sie als Antrag der Grünen hindurch und in die Ausschüsse gekommen, dort wird es irgendwann eine Anhörung geben. Bis dahin testet Marieluise Beck die Akzeptanz bei Unternehmern und Beschäftigten. K.W.

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