: Weltbankchef will weiter reformieren
■ Wolfensohn kritisiert Deutschland wegen Korruption. Im Tschad soll Ölförderung finanziert werden, damit Mineralölkonzerne mitziehen
Bonn (taz) – Weltbankpräsident James D. Wolfensohn ist fest entschlossen, die von ihm begonnenen Reformen fortzuführen. Dies machte er während eines Vortrags deutlich, den er am Mittwoch abend in Bonn hielt. Zu den Neuerungen, die er während seiner zweieinhalbjährigen Amtszeit durchgesetzt hat, gehört ein Exposure-Programm. Danach müssen die Banker jährlich für eine Woche die Armut ihrer Zielgruppen miterleben. Es werden immer mehr Fachkräfte eingestellt, die keine ökonomische Ausbildung durchlaufen haben, damit nichtökonomische Probleme besser beurteilt werden können. Die Mitarbeiter in den Partnerländern erhalten die gleichen Bezüge wie ihre Kollegen in Washington und Paris. Die Bekämpfung der Korruption ist für Wolfensohn weiterhin wichtigstes Thema. Mit Blick auf die Gesetzeslage in Deutschland, wo Bestechungsgelder von der Steuer absetzbar sind, sagte er: „In einigen – natürlich nicht namentlich genannten Ländern – ist die Korruption steuerfrei.“ Er erwarte von der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Schritte, die Korruption zu einer kriminellen Handlung zu machen. „Alles andere wäre das denkbar schlechteste Signal.“
Ob Wolfensohn für die internen Reformen genauso gelobt werden wird wie für seinen Feldzug gegen Korruption und für Chancengleichheit, ist noch ungewiß. Denn Mitte 1998 Jahres soll entschieden werden, ob die Weltbank ein 6 Milliarden Mark teures Erdölprojekt in der Doba-Region im Tschad fördern wird. Dabei geht es um umgerechnet rund 200 Millionen Mark, die als Zuschüsse aus der Internationalen Entwicklungsagentur (IDA) fließen sollen. Deren Priorität ist laut Wolfensohn aber eigentlich die Armutsbekämpfung. Zudem will der „private Arm“ der Bank, die Internationale Finanzkooperation (IFC), Darlehen in Höhe von rund 435 Millionen Mark vergeben. Die beteiligten Ölfirmen – Esso, Elf und Shell – machen ihre Beteiligung angeblich von der Weltbank abhängig.
„Erst vor ein paar Tagen hat es dort Zusammenstöße zwischen Militär und Gegnern des Projekts gegeben“, mahnt Maike Rademaker von der Dritte-Welt-Organisation Urgewald. „Dabei starben 80 Menschen. Das nenne ich kein menschenfreundliches Investitionsklima.“ Wolfensohn selbst bleibt auch für seine KritikerInnen vorerst glaubwürdig. Doch vielen gehen seine Reformen nicht weit genug. Rademaker: „Erst wenn die Banker den Mißerfolg eines Projekts am eigenen Leibe zu spüren bekommen, wird sich wirklich etwas ändern.“ Uwe Kerkow
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