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Hunde sind gut für Kinder Von Karl Wegmann

Willy ist ganz hibbelig. Gestern hat Kater James dieses Jammertal für immer verlassen. Altersschwäche, was sonst. „Jetzt kommt ein Hund ins Haus“, bestimmt er, „Hunde sind gut für Kinder, Nora kriegt einen. Ich muß mal eben einen Züchter anrufen, der hat Nova Scotia Duck Tolling Retriever-Welpen.“ Und weg isser.

Was hat der?“ fragt Hermann. „Kleine neuschottische Entenlockhunde“, übersetzt Konscho. „Entenlockhunde?“ Hermann verdreht die Augen. „Hunde sind gut für Kinder? Wir hatten neulich den Köter von meinem Bruder in Pflege, nur drei Tage, es war die Hölle. Lärm, Dreck, Chaos. Anna hat gleich am ersten Tag all ihren Freundinnen Briefe geschrieben. Dann nimmt sie die Pfoten von der Töle, reibt sie kräftig mit Tinte ein und läßt das Viech ,unterschreiben‘. Danach läßt sie ihn laufen. Und der Köter flitzt durch die ganze Wohnung, springt auf den Sesseln und der Couch herum, tobt durch die Betten... Die ganze Bude war mit dunkelblauen Pfotenabdrücken gesprenkelt, ich hätte ihn am liebsten erschossen.“

„Das ist doch gar nichts“, meint Konscho. „Der Junge von unserem Nachbarn hat letzte Woche mit Bauklötzchen gespielt. Dabei kam ihm sein Dackel in die Quere. Der Hund hat mit seinem Schwanz gewedelt und einen schönen großen Turm umgeworfen. Und was macht der Kleine? Er geht in die Garage, holt sich die Gartenschere und – zack! Jetzt hat Nachbars Dackel einen Stummelschwanz und eine Heidenangst vor Kindern.“ „Da war die Tochter von meiner Cousine aber effektiver“, sagt Hermann. „Die kommt mit ihrem Chihuahua von einem Spaziergang zurück. Es hat geregnet, das kleine Hundchen ist pitschnaß und zittert, es friert. Die Kleine hat eine Idee. Was macht Mama immer, um ihr Essen warm zu machen? Genau! Die minderjährige Hundemama nimmt den Zierköter und steckt ihn in die Mikrowelle... Eine Riesensauerei, kann ich euch sagen. Meine Cousine hat erst mal ausgiebig gekotzt, dann hat sie das ganze Gerät samt Chihuahua-Frikassee im Garten vergraben.“

„Nicht schlecht“, meint Konscho, „aber meine vierjährige Nichte war besser. Sie hatten fünf Spaniel-Welpen, gerade mal fünf oder sechs Wochen alt. Meine Nichte spielt alleine im Garten und langweilt sich. Da fallen ihr die jungen Hunde ein. Sie nimmt sich eins, setzt es auf eine Wippe und stemmt sich ruckartig auf das entgegengesetzte Teil des Spielzeugs. Hundilein fliegt, segelt durch die Luft und platscht gegen die Hauswand. Die Kleine ist begeistert. Doch Hundilein rührt sich nicht mehr, ist irgendwie kaputt, kann nicht mehr mitspielen. Aber da gibt's ja noch vier andere. Innerhalb von nur zehn Minuten hat die Kleine fünf Hunde gekillt...“ Hermann ist beeindruckt. „Wow – echter Massenmord. Da hab' ich nichts entgegenzusetzen. Ich könnte höchstens noch erzählen, wie unsere Nachbarskinder mal ihren Bobtail angezündet haben, aber so aufregend war das auch nicht...“

In diesem Augenblick kommt Willy zurück. „Hat leider nicht geklappt“, sagt er, „die Welpen waren alle schon weg. Was soll's, kriegt Nora eben einen kleinen Berner Sennenhund. Hunde sind ja so wichtig für Kinder, für ihre Entwicklung. Sie lernen, Verantwortung zu übernehmen.“ Hermann und Konscho nicken todernst.

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