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Das Psychotherapeutengesetz, das morgen im Bundestag verabschiedet werden soll, hat einen Streit um die Pfründen entfacht. Seelenheiler, die kombinierte Methoden anwenden, befürchten, daß ihre Behandlung nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt wird. Von Barbara Dribbusch

Des einen Freud ist des andern Leid

Vorsichtshalber setzte die Koalition den Gesetzentwurf zu unpopulärer Zeit auf die Tagesordnung: Der Bundestag soll morgen zwischen 18.30 und 19.00 Uhr das Psychotherapeutengesetz verabschieden. Wenn der Entwurf nicht wieder – wie schon mal – in letzter Minute von der Tagesordnung genommen wird, passiert morgen ein Gesetz den Bundestag, das als wegweisendes Reformwerk gedacht war. Jetzt aber befürchten viele PsychotherapeutInnen, daß mit dem Gesetz ihre Behandlung künftig nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt wird.

Der Gesetzentwurf diene „Pfründeninteressen“, sagt die gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Bündnisgrünen, Monika Knoche. Laut Gesetzentwurf sollen die nichtärztlichen PsychotherapeutInnen künftig auch in die kassenärztlichen Vereinigungen integriert werden. Sie dürfen damit direkt mit den Krankenkassen abrechnen. Der Pferdefuß: Die Zulassungsbeschränkungen für die nichtärztlichen Therapeuten wurden noch einmal verschärft. Außerdem müssen Patienten zehn Mark pro Stunde zuzahlen.

Die Bündnisgrünen, die SPD und der Berufsverband deutscher Psychologen (BDP) befürchten, daß mit dem Gesetzentwurf die Vormachtstellung der ärztlichen Psychotherapeuten, der Psychoanalytiker und Verhaltenstherapeuten gefestigt wird. Denn im Gesetzentwurf ist vorgesehen, daß die nichtärztlichen TherapeutInnen nach den bisher „anerkannten Richtlinien“ mindestens schon 500 Behandlungsstunden absolviert haben müssen, um Aussicht auf eine Kassenzulassung zu haben.

Zu den anerkannten Verfahren gehören lediglich psychoanalytische Methoden und Verhaltenstherapien, die an bestimmten Ausbildungsinstituten gelehrt werden. Die methodenübergreifenden Verfahren von Körper- und Gesprächstherapien, die beispielsweise vom Berufsverband der deutschen Psychologen (BDP) zertifiziert werden, „bleiben damit außen vor“, befürchtet BDP-Sprecher Hans-Werner Drewe.

Bisher führen drei Wege zu einer kassenfinanzierten Therapie. Zum einen gibt es die rund 7.600 niedergelassenen ärztlichen Therapeuten, also Ärzte mit einer entsprechenden Weiterbildung in Psychoanalyse oder Verhaltenstherapie. Sie dürfen ihre Behandlungen direkt mit der Kasse abrechnen. Zum zweiten therapieren rund 5.500 „Delegationspsychologen“. Das sind in der Regel Diplompsychologen mit einer therapeutischen Weiterbildung nach den „anerkannten Richtlinien“. Sie übernehmen ihre Patienten im sogenannten Delegationsverfahren von den Ärzten, sind diesen also nachgeordnet.

Als dritten und Sonderweg gibt es die 5.000 Behandler im Kostenerstattungsverfahren. Auch das sind weitergebildete Diplompsychologen, die aber das Zertifikat „klinischer Psychologe“ des BDP haben. Das sind Behandler, die beispielsweise Gespräche, Gestalt- und Körpertherapien kombinieren. Einzelne Kassen wie etwa die Technikerkasse haben Behandlungen bei diesen Therapeuten jahrelang finanziert. Dieses Kostenerstattungsverfahren ist gerichtlich schon eingeschränkt worden und soll mit dem Psychotherapeutengesetz ganz wegfallen.

Das neue Gesetz verlangt von diesen BDP-TherapeutInnen nicht nur umfassende Berufserfahrung, sondern auch eine Nachschulung in Sachen Psychoanalyse oder Verhaltenstherapie und eben mindestens 500 Behandlungsstunden nach diesen Richtlinienverfahren. Die Psychoanalytiker werfen den BDP-Psychologen „Schmalspurausbildung“ und „Methodenmischmasch“ vor, da die BDP- Vorgaben weniger anspruchsvoll waren als die psychoanalytische Ausbildung.

Letztendlich geht es ums Geld: Die 500-Stunden-Schwelle sei nur eingeführt worden, „weil die Kassenärzte protestierten und Angst um ihre Pfründen hatten“, so die Grüne Monika Knoche. Immerhin 1,2 Milliarden Mark geben die Krankenkassen jährlich für Psychotherapie aus. Rund 600.000 Patienten durchlaufen jährlich eine kassenbezahlte Therapie, schätzt der BDP. Die Zahl hat sich seit 1991 verdoppelt. Nichts aber fürchtet der Gesundsheitsminister mehr als einen Kostenanstieg bei den Seelenbehandlungen. Das Psychotherapeutengesetz wird nach der Verabschiedung im Bundestag voraussichtlich im SPD-dominierten Bundesrat abgelehnt und dann im Vermittlungsausschuß noch mal nachverhandelt. Ob beziehungsweise in welcher Form der Entwurf dann wie geplant am 1. Januar 1999 in Kraft tritt, ist noch offen.

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