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Gutgetimeter Wackelpudding

Julia Roberts als schöne Intrigantin: In „Die Hochzeit meines besten Freundes“ kommt sie der Rivalin mit letzten Waffen – und kriegt den Boy trotzdem nicht  ■ Von Brigitte Werneburg

In der Rolle als Journalistin ist Julia Roberts unschlagbar. Besonders, wenn man ihr einen Sportreporter zur Seite stellt. Das sah man in Robert Altmanns „Prêt à porter“ und sieht es jetzt erneut in „Die Hochzeit meines besten Freundes“.

Als Journalistin ist Julia Roberts wenigstens so gut wie als Bordsteinschwalbe – wenn nicht besser. Obwohl sie sich in „Prêt à porter“ mangels Garderobe mit dem ihr durch Überbelegung frisch zugefallenen Bettgenossen Tim Robbins nur im Hotelzimmer herumtrieb – idealerweise setzt der Journalismus die Frau in Bewegung.

Und niemand braucht die Bewegung mehr als Julia Roberts. Bewegung ist die Mikrogeste, die Julia Roberts ausmacht. Unter Mikrogesten verstehen Psychologen jene kleinen, absolut typischen Körpergesten, die man an seinen Freunden schon voraussagen kann, die ihnen aber selbst völlig unbewußt sind. Bei Julia Roberts ist diese Geste weitausholend. Eine Makrogeste also wie in der Sequenz, wo sie mit langen Schritten hinter Michael her rennt, der Kimmy hinterher rennt, die er heiraten möchte, was Julia Roberts alias Julianne Potter, genannt „Jules“, unbedingt verhindern möchte, aber nicht kann.

So gesehen hat der Drehbuchautor Ronald Bass „Die Hochzeit meines besten Freundes“ mit einem raffinierten Happy End bedacht. Denn da taucht der hinreißende Rupert Everett als Jules' Redakteur und Retter George Downes auf, der meint: „Vielleicht wird nicht geheiratet, vielleicht wird nicht gevögelt, aber bei Gott – es wird getanzt.“

Und indem George Jules in Bewegung hält, löst er Michael, der sie in Fahrt brachte, endgültig in der Funktion als bester Freund ab. Obwohl er – stockschwul, wie er nun einmal ist – mit ihr nie die gleiche Vereinbarung treffen wird, die den Sportreporter Michael O'Neal (Dermot Mulroney) für sie plötzlich so attraktiv macht: Wenn sie beide mit 28 Jahren noch nicht verheiratet sind, so hatten sich Jules und Michael einst am Ende ihrer kurzen Affäre – die der Anfang einer langen Freundschaft war – versprochen, werden sie gemeinsam vor den Traualtar treten.

Oh doch, das tun sie auch. Freilich in einer etwas anderen Form als Jules sich das so vorgestellt hatte. Ausgerechnet drei Wochen vor dem berühmten Geburtstag ruft Michael – dessen sich Jules so sicher wähnte, daß hin und wieder ein Telefonat völlig ausreichte, sich seiner Wertschätzung zu vergewissern – an, um sie als Trauzeugin zu seiner Hochzeit mit der Millionenerbin Kimmy Wallacae (Cameron Diaz) einzuladen. Und jetzt glaubt die Gourmetkritikerin, die die Liebe für eine dieser erlesenen Speisen hält, von denen sie nur Kostproben nimmt, ihn in den verbleibenden vier Tagen zurückgewinnen zu müssen. Daß sie seiner zukünftigen Frau Kimmy erklärt, die Liebe sei der alltägliche Wackelpudding, heißt nur, daß ihr jede Tücke recht ist, die rundum entzückende Rivalin hinters Licht zu führen. Doch trotz aller wohlausgedachten und miserabel ausgeführten Intrigen, Kimmy, die beste Partie des besten Freundes ist von seiner besten Freundin mit den schlechtesten Absichten einfach nicht zur Strecke zu bringen.

Und so endet Jules frei und ledig in den Armen von George, den Rupert Everett mit so überwältigendem Charme spielt, daß man sich eigentlich wundert, warum Jules – trotz des kleinen Problems – dem eher kumpelhaften Reiz von Michael nicht gleich Everetts urbanen Sex-Appeal vorzieht. Haben der Drehbuchautor Ronald Bass und der Regisseur P.J. Hogan auch ihn bei Altman entdeckt? Wie den Journalistinnennamen Potter, den damals Kim Basinger als Modeberichterstatterin Kitty Potter trug?

Mit Glanz und Glamour jedenfalls wartet auch „Die Hochzeit meines besten Freundes“ auf, schon weil die Braut reich ist und die Restaurants, in denen sich Julianne herumtreibt, edel sind. Dazu kommt die große und schöne Stadt Chicago, das grandiose Anwesen der Eltern der Braut sowie ein Baseballstadion, denn schließlich gehören dem Vater der Braut die Chicago White Sox. Kurz, es gibt genügend Raum und Räume, die großen und kleinen Gesten des Brautpaars wie der schönen Intrigantin in einem untadeligem Timing in Szene zu setzen.

Den Takt dazu geben Dionne- Warwick-Klassiker wie „I Say A Little Prayer For You“, mit dem George die ganze Besatzung eines Seafood-Restaurant zum großen, glücklichen, gemeinschaftlichen Singsang anheuert und anfeuert. Oder „I Just Don't Know What to Do With Myself“, das Lied, mit dem sich Kimmy tapfer, lauthals und entsetzlich falsch in das Herz von Michael singt, das sie ja schon längst besitzt. (Schon die Eröffnungssequenz – die Bugsby Berkeley ebensoviel verdankt wie Hal Davids und Burt Bacharachs „Wishin' and Hopin'“, das einstmals Dusty Springfield berühmt machte – weckt mit ihren Kranfahrten auf die streng geometrisch geordneten und dennoch ausgesprochen schrägen Cousinen der Braut die schönsten Hoffnungen.)

Der Australier P.J. Hogan scheint nicht nur für die richtige Besetzung, sondern vor allem für Hochzeiten und Soundtracks ein Händchen zu haben. Sein erster Kinofilm, Muriels Hochzeit, der gleich ein Box-Office-Hit wurde, führte dazu, daß alle Welt nur noch zu Abba heiraten wollte. Fürderhin wird es wohl Burt Bacharach sein, der den Weg in die Ehe ebnet: „Do you know the way to San José?“

„Die Hochzeit meines besten Freundes“, Regie: P.J. Hogan. Drehbuch: Ronald Bass. Mit Julia Roberts, Dermot Mulroney, Cameron Diaz und Rupert Everett, USA 1997, 110 Min.

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