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X-Mas Berliner Art

Es ist die Zeit, da die Nachbarn wieder zu ihren Steckdosen eilen, um die Lichterketten mit Strom zu versorgen. Startschuß für das vorweihnachtliche Grauen, das einen Titel hat. Es ist Dezember, und du bist Schwabe in Berlin. Exilant im Horror- Weihnachtsland. Alles hat man überlebt in dieser Stadt, den Kampf um die Brötle, die dann doch nur Schrippen blieben, die Sehnsucht nach Maultaschen, die keine geklonten Ravioli sind. Man hat den penetranten Zuckerguß von der billigen Kopie eines Apfelblechkuchens gekratzt. Aber dann kommt das erste Mal, der erste Dezember, die wahre Qual verpackt als Leuchtstern mit eingebauter Blinkmotorik. Fast-Light statt Kerzenromantik. Optisch in direkter Linie zur Klorolle auf der Ablage eines Opel Kadett. Und plötzlich beginnt die Sehnsucht nach heimischen Strohsternen und durchscheinenden Fensterbildern. Nach all der häuslerbauerischen Heimeligkeit, vor der man einst flüchtete. Nach Weckmännern und Kerzenschein, nach schwäbischer Weihnacht. Statt desssen unübersehbar pumpende Massenware, geruchsneutral und garantiert ungefährlich bei zwanzig Watt. Kaum ist der erste Lebkuchen im Bilka-Regal aufgetaucht, beginnt die massive Aufrüstung der Stadt in eine rotgelb flackernde Landebahn fürs Christkind. Allüberall sieht man Lichtlein blitzen und Meisterwerke geschmacksfreier Kreativität aufleuchten. Es pulsiert, kringelt und überdreht sich. Kein Bezirk, keine Straße, kein Haus bleiben verschont – auch wenn es sich vor allem auf Neukölln und Wedding konzentriert. Als wär' der Lichterschmuck Garant für alle Arten weihnachtlicher Gefühle. Anknipsen, brennen lassen, Frieden auf Erden. Nur den Menschen kein Wohlgefallen. Tanja Fiedler

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