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Buß- und Bettag

■ betr.: „Mehr Apo als Apostel“, Kommentar von Patrik Schwarz, taz vom 2.12. 97

Die Mehrheit für eine Wiedereinführung des Buß- und Bettages in Schleswig-Holstein ist nicht zusammengekommen. Trotzdem erklärt der Präsident des Kirchenamtes in Kiel, daß die 19,9 Prozent ein Votum für die Feiertags- und Sozialkultur abgegeben hätten. Man reibt sich die Augen, weil man glaubt, sich verlesen zu haben. Warum kann diese sogenannte Kultur nur durch staatliche oder betriebliche Bezahlung gerettet werden? Und wie war es denn in der Realität – besonders auch in dieser Landeskirche? Waren eigentlich an diesem Feiertag die Kirchen gut besucht? Keineswegs, sie waren noch schlechter besucht als sonntags!

Und wieso, ist ja weiter zu fragen, kann eine Kultur des Feierns, und hier ja besonders für Büßen und Beten, nur mit staatlichen Gesetzen bewahrt werden? Hat nicht Luther in seiner ersten der 95 Thesen gesagt, daß diese dem ganzen Leben diene? Warum meinen heutige Kirchenvertreter, das ließe sich nur durch diesen besonderen Feiertag vor dem letzten Sonntag des Kirchenjahres tun? Weil da der Tod das Thema sei? Ist denn die evangelische Kirche so dem Todesthema verpflichtet? Ich dachte bis heute, daß dies das Auferstehungsthema sei, das erst die Todesfrage christlich erlöse? Habe ich mich geirrt? Oder folgt – wie die taz suggeriert – die Kirche hier nicht dem alten Gehorsam gegen staatliche Anordnung wie dem Preußenkönig? Dadurch dient die Kirche heute wirklich eher einer Apo als dem Apostel! Es ist der Kirche nie gelungen, diesen Feiertag mit Leben zu erfüllen, was natürlich auch an der generellen kirchlichen Sprachlosigkeit liegt und natürlich an der besonderen zu dieser schwierigen Thematik. Die aber nun zu bekommen durch einen solchen Feiertag, das ist wirklich nicht verständlich zu machen, denn nicht einmal die Institution Kirche selbst hat sich dem Thema gestellt! Sonst müßte doch diese selbst viel bewußter den Kirchengliedern sein! Genau dies ist aber doch nicht der Fall! Warum vom Staat einfordern, was der Kirche nicht gelungen ist!? Klaus Völkers, Pastor em., Köln

betr.: „Evangelische Kirche trotz Niederlage optimistisch“, taz vom 2.12. 97

In der Demokratie gilt das Mehrheitsprinzip. Zumindest bei Wahlen. Vielerorts – wie in der Schweiz, in den USA, in Bayern, Hessen, NRW und Rheinland- Pfalz – entscheidet auch bei Volksabstimmungen die Mehrheit. Nicht jedoch in Schleswig-Holstein. Dort erreichte die evangelische Kirche beim Volksentscheid über die Wiedereinführung des Buß- und Bettages 68 Prozent der Wählenden – und schaut trotzdem in die Röhre. Der Grund: eine undemokratische Zusatzklausel, die besagt, daß mindestens ein Viertel aller Wahlberechtigten zustimmen müssen. So wird das Mehrheitsprinzip ausgehebelt: Faktisch werden die Stimmen derjenigen, die nicht zur Abstimmung gehen, als Neinstimmen gewertet. So können sich 32 Prozent gegen 68 Prozent durchsetzen. Hat man schon mal gehört, daß bei Wahlen die je nach Wahl zirka 30 bis 50 Prozent Nichtwähler mitgezählt werden?

Eine weitere Folge der 25-Prozent-Klausel: Die Landesregierung hat sich – offenbar erfolgreich – bemüht, die Wahlbeteiligung niedrig zu halten. So standen den WählerInnen deutlich weniger Abstimmungslokale zur Verfügung als bei Wahlen. Und die regierende SPD mied im Vorfeld der Volksabstimmung die öffentliche Debatte. Verweigerung statt demokratischer Diskurs über den Sinn und Unsinn der Buß-und Bettag-Streichung.

Schade, daß die taz die zweifelhafte Qualität des Volksentscheides nicht berücksichtigt. So sprecht auch Ihr unkritisch von einer „Niederlage“ der evangelischen Kirche. Der Volksentscheid ist jedoch nicht am Wählerwillen, sondern an einer undemokratischen – übrigens von den Parteien zu verantwortenden – Zusatzklausel gescheitert. Hätte der Volksentscheid mit gleichem Ergebnis in Bayern, Hessen oder der Schweiz stattgefunden, hätte Eure Überschrift wohl „Deutlicher Sieg für evangelische Kirche“ oder „Empfindliche Niederlage für Landesregierung“ gelautet. Das sollte doch zu denken geben. Ralph Kampwirth, Bremen

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