: Kurdischer Verein unter PKK-Verdacht
■ Staatsanwaltschaft durchsuchte Kurdisch-Deutschen-Solidaritätsverein, der von Bremer Abgeordneten unterstützt wird / Kurden sollen erpreßt worden sein / Verein beklagt „Schikane“
Die Staatsanwaltschaft hat gestern morgen im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren gegen fünf Kurden wegen räuberischer Erpressung die Räume des Kurdisch-Deutschen Solidaritätsvereins in der Faulenstraße 9 durchsucht. Dabei haben die Ermittler eigenen Angaben zufolge „Werbematerial für die PKK“beschlagnahmt, darunter Flugblätter und ein Bild von PKK-Chef Abdullah Öcalan.
Den fünf Kurden wird vorgeworfen, von ihren Landsmännern Spenden von 50 bis 2.000 Mark für die Unterstützung der Kurdischen Arbeiterpartei erpreßt zu haben. Der Staatsanwaltschaft gegenüber haben die Zeugen, allesamt kurdische Asylbewerber, behauptet, sie seien nach ihrer Weigerung zu zahlen, in die Räume des Vereins in die Faulenstraße zitiert worden. Derzeit gibt es allerdings keinerlei Hinweise darauf, daß die Männer Vereinsmitglieder sind. Die Staatsanwaltschaft hat auch die Privatwohnungen der beschuldigten Männer durchsucht. Dabei stießen die Ermittler auf eine Schußwaffe. Außerdem fanden sie eigenen Angaben zufolge Unterlagen, die unter Umständen auf die Geldzahlungen hindeuteten. Fünf der vier Männer wurden festgenommen. Ein Mann ist flüchtig.
Der Kurdisch-Deutsche Solidaritätsverein hat gegen die Durchsuchung protestiert. Der Verein sieht sich als Opfer einer Kampagne des Innensenators Ralf H. Borttscheller (CDU). „Das Bremer Innenministerium versucht wieder einmal unseren Verein zu schikanieren und zu kriminalisieren“, schimpft der zweite Vorsitzende Mehmet Karduag. Die sichergestellten Unterlagen seien „harmlos“. Der Verein sei „ohne Beweise überfallen“worden. Nach der Durchsuchung fürchtet Karduag jetzt ein Verbot des Kurdisch-Deutschen Solidaritätsvereins.
Der Verein ist der Nachfolger des Vereins „Hevalti“, den Innensenator Ralf H. Borttscheller im November 1995 verboten hat. Borttscheller hatte Hevalti stets als Tarnorganisation der Kurdischen Arbeiterpartei PKK bezeichnet. Der Verein war ursprünglich mit Hilfe von Bremer Bürgerschaftsabgeordneten als neue Heimat für rund 800 bis 1.000 PKK-nahe KurdInnen gegründet worden. Das Verbot führte 1995 zu scharfen Protesten. Borttscheller würde „vorbeugende Sippenstrafe“betreiben und alle Kurden über einen Kamm scheren, ärgerte sich die Ausländerbeauftragte Dagmar Lill damals. Unter Schirmherrschaft einiger Bürgerschaftsabgeordneter, darunter Arendt Hindriksen (Grüne), Barbara Wulf (SPD) und Andreas Lojewski (AfB) wurde deshalb im Dezember 1995 der Kurdisch-Deutsche-Solidaritätsverein gegründet. Daß der Verein „eine gewisse Nähe“zur PKK hätte, sei von vorneherein „klar gewesen“und „nicht das Problem“, meinte der Bürgerschaftsabgeordnete Hindriksen gestern. Sollten sich die Vorwürfe allerdings bewahrheiten, müßten die Täter bestraft werden. Der Verein müsse sich „an die demokratischen Spielregeln halten“. „Das Recht eines politischen Vereins endet dort, wo kriminelle Machenschaften im Spiel sind. Das hat nichts mit dem berechtigten Kampf für die Befreiung Kurdistans zu tun.“ kes
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen