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"Es geht um politische Gegner"

■ Eduard Vermander, Chef des Verfassungsschutzes, spricht von einer neuen Dimension der rechten Gewalt. Der geplante Anschlag stehe im Zusammenhang mit dem Sammeln von Personendaten

taz: Das Landesamt beobachtet die Kameradschaft Treptow schon lange. Haben Sie den Eindruck, daß sich dort etwas in Richtung rechtsextremen Terrors formiert?

Eduard Vermander: Wir haben eine ganze Anzahl von Kameradschaften, die aber bisher in dieser Form nicht in Erscheinung getreten sind. Wir haben schon früh darauf aufmerksam gemacht, daß es auch Handlungsanleitungen zum bewaffneten Kampf, zum Bau von Brandbomben und Sprengvorrichtungen gibt. Was aber neu ist, ist, daß wir dies im Bereich einer Kameradschaft feststellen. Das ist eine neue Dimension. Bisher sind es erst zwei Personen, man wird aber abwarten müssen, was sich aus den Ermittlungen ergibt.

Wird innerhalb dieser Kameradschaft zum Bau solcher Bomben angeleitet?

Darüber haben wir keine Erkenntnisse. Bei einer anderen Kameradschaft hat die Polizei Daten politischer Gegner gefunden. Insofern fügt sich da etwas zusammen.

Ist eine solche Entwicklung wie bei der Kameradschaft Treptow auch bei anderen Kameradschaften zu beobachten?

Nein, bisher nicht. Es ist im Grunde der erste Fall, und es sind nach unserer Erkenntnis auch Leute, die noch nicht solange dabei sind. Was die Sache jedoch nicht harmloser macht.

Sie zitieren die Kameradschaft Treptow folgendermaßen: „Wofür wir kämpfen. Bestrafung aller Kollaborateure samt Mittäterschaft in Politik, Justiz, Polizei, Verfassungsschutz, Kultur, Medien usw.“ Ein solcher Anschlag – wie jetzt verhindert – ist also im Konzept angelegt?

Das ist das Feld, in dem Daten gesammelt werden. Insgesamt geht es um den mißliebigen politischen Gegner.

Sind das noch Einzeltäter?

Bisher hat man bundesweit Einzelfunde, die man nicht einer Organisation zuordnen kann. Da es nun Täter sind, die sich in so einer Kameradschaft bewegen, wird es sich zeigen, ob da eine terroristische Struktur rauskommt.

Was ist der Kern der Aktivitäten der Kameradschaften?

Die Pflege neonationalsozialistischen Gedankenguts. Man kann adminstrativ wenig machen, da diese Kameradschaften ein Ergebnis der „Organisation durch Desorganisation“ sind. In der Kameradschaft sind etliche Mitglieder der aufgelösten FAP, und hier unterläuft man ein Vereinsverbot. Wenn sich in diesem Bereich nun auch noch solche Täter versammeln, wird die Sache sehr kritisch.

Wie hoch schätzen Sie die Gefahr rechtsextremer Gewalt aus dem Kameradschaftsspektrum?

Es gibt eine wechselnde Anzahl von Kameradschaften. Insgesamt sind es derzeit etwa 120 Personen. Wenn wir eine Entwicklung haben, daß sich in den Kameradschaften neonazistische Gewalttäter, die Sprengstoffanschläge vorbereiten, sammeln, dann wird es eine schlimme Dimension. Aber bisher haben wir nur diesen Fall. Interview: Barbara Junge

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