Willen der Patientin respektiert?

■ Pflegeheimleiter wegen Tod einer Patientin verurteilt

Mit einem Teilerfolg endete gestern die Berufung des Pflegeheimleiters Anton B. gegen seine Verurteilung wegen unterlassener Hilfeleistung. Das Landgericht korrigierte das erstinstanzliche Urteil – Geldstrafe von 100 Tagessätzen a 400 Mark – auf 90 Tagessätze a 150 Mark und blieb dabei deutlich unter dem Antrag von Oberstaatsanwalt Friedrich.

Im Mai 1992 war die Heimbewohnerin L. nach einwöchigem Aufenthalt im Albertinen-Krankenhaus gestorben. Der Aufnahmebefund des Krankenhauses attestierte der Patientin einen „schlechten Allgemeinzustand“, Lungenentzündung sowie eine Blutvergiftung. Die 77jährige hatte sich nach Angaben ihrer Tochter zwei Tage vor der Einlieferung leicht an der rechten Hand verletzt; die Wunde hatte sich entzündet.

Am Tag der Einlieferung klagte die Frau morgens über Schüttelfrost, Fieber und Atemnot, woraufhin Anton B. sie zwar ins Bett brachte, aber erst auf Drängen der Angehörigen einen Krankenwagen rief. Eine Verletzung an der Hand „habe ich nicht gesehen“, beteuerte der ausgebildete Krankenpfleger wiederholt, deshalb sei die Wunde nicht versorgt worden.

Beschwerden wie Atemnot seien bei der alten Frau „nicht ungewöhnlich“ gewesen, erklärte der Angeklagte, da sie unter Herzinsuffizienz, Lungenemphysem und Diabetes gelitten habe und außerdem Alkoholikerin gewesen sei. Die Hinzuziehung eines Arztes habe sie vehement abgelehnt: „Wenn sie es mir verbietet, kann ich nicht einfach trotzdem einen Arzt holen.“

Der medizinische Sachverständige Prof. Püschel rügte in seinem Gutachten, daß B. „beunruhigende Symptome bagatellisiert“ habe; die zu spät behandelte Blutvergiftung habe „mit Wahrscheinlichkeit zum Tod“ der Patientin beigetragen. Die Kammer ging in der Urteilsbegründung von „bedingtem Vorsatz“ aus, auch wenn die Patientin selbst nicht behandelt werden wollte. Verteidiger Eberhard Schürmann hat Revision eingelegt, weil seinem Mandanten „zum Vorwurf gemacht wird, daß er den Willen der Patientin respektiert hat“. mar