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Betr.: Leo Navratil: "Gugging 1946 bis 1986"

„Muttergottes Maria“ steht auf dem Dach und schaut einem Raumschiff hinterher, das gerade vorbeifliegt. August Walla hat das Bild gezeichnet, bevor er in das 1981 eröffnete „Haus der Künstler“ der psychiatrischen Klinik von Gugging übersiedelte. Auch Fritz Kollers konsequent gerahmter „Mann“ ist in dem enormen Werkverzeichnis „Gugging 1946–1986“ enthalten. Die zweibändige, bald 1.100 Seiten starke Ausgabe von Leo Navratil erzählt die Geschichte einer erfolgreichen Symptomanalyse: In der Kunst reproduziert der Kranke seine Persönlichkeit. Anfang der 50er Jahre ließ Navratil seine Patienten zeichnen, um ihre Psychosen besser diagnostizieren zu können. Das Ergebnis waren expressiv gestrichelte Arbeiten, der Art brut eines Jean Dubuffet vergleichbar. Später stellte er auch Ähnlichkeiten zwischen der „zustandsgebundenen Kunst“ Guggings und dem „autistischen Theater“ des Wiener Aktionismus fest – beiden geht es um eine Kontaktaufnahme mit dem Selbst. Inzwischen werden Gugging-Künstler in den gleichen Museen ausgestellt wie ihre Geistesverwandten.

Leo Navratil: „Gugging 1946 bis 1986“. 2 Bände, ca. 1.100 Seiten, Verlag Christian Brandstätter, Wien 1997, 190DM

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