: Niedergang am Bau nicht gestoppt
■ Baubranche fordert faire Wettbewerbsbedingungen. Koalition dringt auf bessere Zahlungsmoral öffentlicher Auftraggeber
Die Bauwirtschaft hat den Senat und die Verwaltungen aufgefordert, mit wirksamen Gegenmaßnahmen den Negativtrend am Bau zu stoppen. Die vor Monaten auf dem sogenannten Berliner Baugipfel von Wirtschaft, Politik und Verbänden vereinbarten Maßnahmen hätten noch keine Wende herbeigeführt, teilte die Fachgemeinschaft Bau am Donnerstag mit.
Auf einem erneuten Spitzentreffen der Fraktionen von CDU und SPD mit Vertretern der Verbände, Unternehmen und des Senats forderte die Bauwirtschaft die Politik auf, zu „handeln und Hemmnisse“ abzubauen. Zugleich solle der Senat die „Tariftreueerklärung“ bei öffentlichen Straßenbauaufträgen auch gegen die Untersagung durch das Kartellamt durchsetzen und den Zustrom von Billigarbeitern stoppen.
Die Fachgemeinschaft erklärte, die Entwicklung am Bau zeige, daß die auf dem ersten „Baugipfel“ angesprochenen Maßnahmen noch nicht wirksam umgesetzt worden seien oder noch nicht ausreichend greifen würden. Das Bauvolumen werde 1997 gegenüber dem Vorjahr voraussichtlich um zwei Prozent auf 28,5 Milliarden Mark sinken. In Berlin gebe es zugleich 15.000 arbeitslose Bauarbeiter, die Zahl der Firmenpleiten habe spürbar zugenommen.
Es sei daher völlig unverständlich, daß der Haushalt fast ausschließlich zu Lasten des Baugewerbes konsolidiert werde. Der Senat denke weiterhin nicht daran, konsumtive Ausgaben zugunsten der Investitionen zu senken. Eine Investitionsoffensive werde wohl auch 1998 ausbleiben. Das Bauvolumen im öffentlichen Bau werde so voraussichtlich um weitere fünf Prozent sinken, die Arbeitslosigkeit weiter steigen.
Der Bauindustrieverband forderte faire Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen in Berlin und Brandenburg. Regionale Firmen seien durch eine Vielzahl Regelungen belastet, die für andere Wettbewerber nicht gelten würden. Dies seien unter anderem die Zwangsmitgliedschaft in der Berufsgenossenschaft, die Pflicht, einen Betriebsarzt, einen arbeitsmedizinischen Dienst und eine Fachkraft für Arbeitssicherheit einzustellen. Hinzu kämen unterschiedlich hohe, kompliziert zu berechnende Beitragssätze für die jeweiligen nationalen Sozialversicherungen. Zugleich forderte die Bauindustrie den Senat auf, nicht weiter die Anwendung innovativer Bauverfahren zu beeinträchtigen. Noch immer würden kostengünstige und sichere Verfahren trotz Umweltverträglichkeit blockiert.
Die Koalitionspolitiker haben sich dagegen für eine bessere Zahlungsmoral öffentlicher Bauauftraggeber ausgesprochen. Es sei zu prüfen, ob bei Zahlungsverzug von über acht Wochen die betroffenen Unternehmen Fälligkeits- oder Verzugszinsen berechnen können, erklärten am Donnerstag der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Volker Liepelt, sowie die SPD-Fraktionsvize Hermann Borghorst und Rudolf Kujath. dpa/ADN
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