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Ein Wall gegen den Traum von Arbeit

Von den geschätzten fünf Millionen illegalen Einwanderern in die Vereinigten Staaten sind mindestens drei Millionen aus Mexiko eingereist. Jährlich kommen 300.000 weitere hinzu. Dreiviertel der Einwanderer überschreiten die Grenze in die USA an den Übergängen Juarez–El Paso und Tijuana–San Diego in Kalifornien.

Insgesamt leben etwa zwölf Millionen mexikanische Einwanderer in den USA – legal oder illegal, nur für ein paar Monate oder für den Rest ihres Lebens. Mehr als die Hälfte von ihnen in den Bundesstaaten Texas und Kalifornien, wo sich rund um Los Angeles eine lateinamerikanische Enklave entwickelt.

Vor knapp drei Jahren trat in den USA das Grenzsicherungsprogramm „Operation Gatekeeper“ in Kraft. 3,1 Milliarden Dollar stellte die Administration Bill Clintons Ende 1994 bereit, um die Border Patrol personell, sowie mit paramilitärischer und militärischer Technik zu verstärken. Doch der Zustrom illegaler mexikanischer Einwanderer konnte offenbar auch so nicht eingedämmt werden. Im vergangenen Jahr wiesen die USA 1,6 Millionen Mexikaner aus – soviel wie seit sieben Jahren nicht mehr.

Die illegale Auswanderung und der Traum von der Arbeit in den USA entvölkern in den mexikanischen Bundesstaaten Michoacan, Guerrero und Oaxaca ganze Dörfer.

Die Illegalen lassen monatelang ihre Frauen und Kinder zurück, sie übergeben ihr Schicksal für ein paar hundert Dollars den „polleros“, den Schmugglern, und vertrauen ihr Leben völlig unbekannten Lastwagenfahrern an. Sie werden von ihren eigenen Landsleuten ausgeraubt, von Dieben ermordet und von der Grenzpolizei schikaniert. Zwischen 1993 und 1996 sind einer Untersuchung der Universität Houston (US-Bundesstaat Texas) zufolge rund 1.200 Menschen bei dem Versuch ums Leben gekommen, von Mexiko aus heimlich die Grenze zu den USA zu überqueren. Die Mehrzahl dieser Menschen ertrank, verdurstete, wurde erstochen oder überfahren.

Und die USA sichert weiter ihre Grenze zu Mexiko ab: Der amerikanische Grenzort Columbus plant den Bau einer Betonmauer, bis zum Jahr 2002 sollen rund 5.000 weitere Grenzpolizisten entlang des Rio Grande stationiert werden. Derzeit sind es 2.700 Grenzwächter, die an der 1.600 Kilometer langen Grenzen patrouillieren.

Auch das Militär greift ein: In den vergangenen sieben Jahren wurden rund 3.000 Armeeangehörige an der Grenze eingesetzt, 10.000 weitere Soldaten sollen künftig die Grenzpolizei unterstützen. Ob diese Maßnahmen erfolgreich sind, bleibt zweifelhaft: So hat das massive Aufgebot von Grenzpolizisten am Grenzübergang zu San Diego den Immigrantenstrom lediglich umgeleitet.

Die Einwanderer sind nun gezwungen, die Grenze weiter östlich, 110 Kilometer von San Diego entfernt, zu überqueren. Dort erwartet sie ein schwer zugängliches Terrain aus Wüste und Gebirge, das ansonsten Drogenschmuggler bevorzugen.

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