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Unterm Strich

Worte, die die Welt „zwischen den Jahren“ bewegen: „Wenn ein Prozent zuviel ist, dann sind wir kein Kulturstaat mehr“, deklamierte August Everding, Präsident des Deutschen Bühnenvereins, am Samstag unter seinen buschigen Augenbrauen hervor. In einer Sendung des Saarländischen Rundfunks forderte er die Politik auf, fürderhin auf Kürzungen der Kulturförderung aus öffentlichen Haushalten zu verzichten. „15 Milliarden kostet die gesamte Kultur“, sagte der Theatermann in aller Offen- und Öffentlichkeit. Dies sei nur ein Prozent der öffentlichen Haushalte. Bei weiteren Kürzungen gebe es keine Planungssicherheit mehr. „Kultur“, so Everding weiter sehr wahr, heiße auch, „offen und frei sein für das Zukünftige“.

Sind die USA ein Kulturstaat? Möglicherweise auf dem Weg dahin. Dort begab es sich nämlich, daß die Beschlagnahme der „Blechtrommel“, Filmversion, durch die Polizei von Oklahoma City im Juni des vergehenden Jahres sich als doch nicht rechtens bzw. sogar verfassungswidrig herausstellte, wie ein am Samstag veröffentlichtes Urteil des US-Bundesrichters Ralph Thompson ergab. Zuerst, besagt es weiter, hätten sämtliche betroffenen Parteien angehört werden müssen. Als obszön war der german classic (1 Oscar 1979 als „bester ausländischer Film“) eingestuft worden, weil Oskar-Darsteller David Bennent andeutungsweise Geschlechtsverkehr hat, was aber nicht auf die Szene zielt, in der er Katharina Thalbach die Brause aus dem Bauchnabel züngelt, sondern die andere, in der in der Umkleidekabine eines Danziger Strandbades oraler Sex angedeutet wird. Dies und die Tatsache, daß das Werk in einer öffentlichen Bibliothek zu leihen gewesen war, hatte Antiporno-Reiter auf die Palme gebracht.

Günter Grass,who made all this possible, hat inzwischen eine Gastprofessur der Medizinischen Universität zu Lübeck angenommen. Wie die Hochschule am Samstag mitteilte, wird Grass in diesem Wintersemester eine öffentliche Vorlesungsreihe unter dem Titel „Werkstattbericht des Schriftstellers und Graphikers Günter Grass“ halten. Darin führt der Autor nicht nur in sein literarisches Arbeiten ein, er kommentiert des weiteren das Entstehen seiner Gedichte, Romane, Essays etc. pp. wie auch seines graphischen und bildhauerischen Schaffens. Zu Dreikönig geht's los!

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