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Präsident von Sharifs Gnaden

■ Pakistan bekommt heute einen neuen Präsidenten. Der Kandidat der Regierung verdankt seine Karriere der Familie des Premiers

Delhi (taz) – Pakistans neuer Präsident heißt höchstwahrscheinlich Mohammed Rafiq Tarar. Zwar muß das Wahlkollegium aus den beiden Parlamentskammern in Islamabad sowie den Abgeordneten der vier Provinzparlamente heute unter sieben Kandidaten wählen. Doch Tarar ist die erste Wahl der regierenden Muslim- Liga, die mit ihren Verbündeten eine große Stimmenmehrheit hat. Selbst der geringe Bekanntheitsgrad Tarars ist da kein Nachteil. Der 65jährige verdankt seine ganze Karriere – als Richter in Lahore, dann als Richter des Obersten Gerichts, schließlich als Abgeordneter der Muslim-Liga – der Familie von Premierminister Nawaz Sharif. In keiner dieser Funktionen trat der Punjabi besonders hervor. Seine Nominierung durch den Premier wurde dann auch mit ungläubigem Staunen zur Kenntnis genommen. Doch wahrscheinlich war gerade diese Gesichtslosigkeit ein wichtiges Argument für Tarars Nominierung.

Sharif hat eben erst eine bittere Schlacht mit dem letzten Präsidenten Farooq Leghari mit Blessuren bestanden. Bis vor wenigen Monaten war das Präsidentenamt, das vom letzten Militärdiktator Zia al- Haq als demokratische Fassade für seine autokratische Herrschaft etabliert wurde, neben Regierung und Armee eines der drei Machtzentren. Nach seiner Wahl im Februar hatte Sharif per Verfassungsänderung das Präsidentenamt stark beschnitten. Doch als er sich im Sommer mit dem Obersten Gericht anlegte, zeigte sich, daß ein „politischer“ Präsident wie Leghari ihm noch Steine in den Weg legen konnte. Mit dem unscheinbaren Tarar will Sharif nun wohl sicherstellen, daß der Präsident ihm künftig nichts mehr anhaben kann.

Der Premier nahm dabei sogar in Kauf, seine Alliierten aus den drei kleineren Provinzen vor den Kopf zu stoßen. Tarars Herkunft aus dem Punjab zementiert die beherrschende Rolle dieser Provinz, deren Vertreter ohnehin alle Schaltstellen im Staat besetzen. Es war erhofft worden, daß Sharif einen Mann aus einer kleinen Provinz wählen würde, wozu er auch selbst die Absicht äußerte. Doch dann zog Sharif den sicheren Bundesgenossen Tarar vor. Allerdings könne die Macht auch diesen rasch auf andere Ideen bringen, wie das Beispiel Leghari zeigt. Der war als treuer Gefolgsmann von Benazir Bhutto von dieser ins Amt gehoben worden – drei Jahre später wurde sie von ihm aus dem Amt gejagt.

Sharif ist zudem nach wie vor davon überzeugt, daß sich im bürokratisch-militärischen Apparat Islamabads viele seiner Feinde verstecken. Die Opposition gegen Tarars Kandidatur hat ihn darin bestärkt. Kaum hatte der nämlich seine Papiere beim Wahlkommissar hinterlegt, wurden die Kandidatur für ungültig erklärt. Zur Begründung hieß es, Tarar habe im Streit zwischen Regierung und Oberstem Gericht verächtliche Bemerkungen über den Gerichtspräsidenten gemacht und damit die Vorschriften für Präsidentschaftsanwärter verletzt. Erst gestern gab das Oberste Gericht ihm grünes Licht. Bernhard Imhasly

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