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Freie Fahrt für Fahrradfahrer

In allen Wohnstraßen und auf vielen Hauptverkehrsadern soll die Benutzungspflicht für Radwege aufgehoben werden  ■ Von Achim Fischer

FahrradfahrerInnen sollen in Hamburg bald seltener auf Radwege verbannt werden. Das geht aus einem Schreiben der Innenbehörde an den Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) hervor. Die Behörde möchte den Benutzungszwang für Radwege an allen Nebenstraßen und zum Teil auch an Hauptverkehrsstraßen aufheben. „Wenn die Innenbehörde das tatsächlich so umsetzt, wäre das ein großer Erfolg für uns“, freut sich Ulf Dietze, Vorsitzender des ADFC Hamburg.

Der ADFC drängt seit Jahren darauf, den Radverkehr auf die Straße zu führen. Denn auf getrennten Wegen, so hat die Unfallforschung längst gezeigt, leben Radler besonders gefährlich, weil sie an Kreuzungen immer wieder von Autofahrern übersehen werden.

Nach den Aussagen der Hamburger Innenbehörde soll es künftig in Tempo-30-Zonen „grundsätzlich keine Radwege-Benutzungspflicht mehr geben“. Gleiches gilt für Straßen mit maximal 10.000 Fahrzeugen täglich. Damit sind praktisch alle Wohnstraßen zum Strampeln freigegeben sowie einige Hauptstraßen außerhalb der Innenstadt (etwa der Alte Teichweg in Dulsberg mit 9000 Autos pro Tag).

Bei 10.000 bis 15.000 motorisierten Fahrzeugen täglich hält die Behörde Radverkehr auf der Straße „in einer ganzen Reihe von Fällen“für „noch vertretbar“. In diese Kategorie fällt etwa der Mittelweg in der Nähe der Uni. Bei Verkehrsstärken zwischen 15.000 und 18.000 Autos (Reeperbahn) fordert die Innenbehörde eine grundsätzliche Trennung von Rad- und Autoverkehr, kann sich dabei jedoch auch Zweiradstreifen auf der Fahrbahn vorstellen, wie sie unter anderem der ADFC vorschlägt. Und erst in hoffnungslosen Fällen mit mehr als 18.000 Autos täglich (etwa Stresemannstraße, Ring 2 und 3, Ost-West-Straße) bleibt nur der Verweis auf die Sonderpfade.

Ermöglicht werden die neuen Regelungen durch eine Änderung der Bonner Straßenverkehrsordnung. Danach müssen alle Kommunen bis 1. Oktober ihr Radwegenetz überprüfen. Sind die Spuren zu schmal oder in schlechtem Zustand, müssen die Städte die Benutzungspflicht aufheben oder für einen besseren Weg sorgen. Sind die Wege in Ordnung, können die Städte die Benutzungspflicht aufheben, müssen es aber nicht. So will Hamburg nach Angaben der städtischen Fahrradbeauftragten Dagmar Maier in den kommenden Monaten darüber entscheiden, an welchen Stellen die Pflicht zum Abbiegen auf den Sonderweg gestrichen wird.

1800 holprige Kilometer neben Hamburgs Straßen gibt es zur Zeit. Nach Schätzungen des ADFC-Vorsitzenden Dietze haben RadlerInnen bald auf mindestens 300 Kilometern die Wahl zwischen Straße und Holperstrecke.

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