■ Die Anderen: Die italienische "La Stampa" zu den Massakern in Algerien / "La Repubblica" (Rom) zum gleichen Thema / "Le Journal du Dimanche" (Paris) zu Algerien
Die italienische „La Stampa“ zu den Massakern in Algerien: „In Algerien wird ein schändlicher Kampf um die Macht geführt. Denn die Macht sichert den Zugang zu den Öl- und Gasvorkommen und damit zum Reichtum. (...) Der algerische Krieg ist ein Krieg zwischen verfeindeten mafiosen Gruppierungen. Er ist kein Bürgerkrieg, sondern ein Krieg gegen eine Zivilgesellschaft, die eingekeilt ist zwischen einer kalt dosierten Gewalt der Führung und der bestialischen Gewalt der Galaxie namens GIA, die die vergiftete Frucht einer unrechtmäßigen Aneignung des Namen Gottes ist. Hier wird vielleicht die unermeßliche Kraft Gottes zu einer entsetzlichen Schwäche: Jeder kann sich im Namen Gottes das Recht zum Töten anmaßen. ,Gott mit uns‘ – auch die SS vergasten die Juden im Namen Gottes.“
„La Repubblica“ (Rom) zum gleichen Thema: Den bisher blutigsten Massakern an Zivilisten in den Dörfern von Relizane steht auf der anderen Seite ein Rückgang des Einflusses der islamisch-fundamentalistischen Ideologie im Nahen Osten dank der pragmatischen Wende des Irans von Chatami gegenüber. Sogar die islamischen Terrorgruppen der arabischen Welt haben sich von der GIA distanziert. Die algerischen Halsaufschlitzer sind im Inneren des Landes isoliert und genießen auf islamischer Ebene keinerlei Legitimation.
Alles deutet daher darauf hin, daß es sich um ein gewalttätiges Aufbäumen von Fanatikern handelt, die sich von allen Seiten bedroht fühlen und zu jeder Barbarei bereit sind, nur um nicht unterzugehen. Hunderte unschuldiger Menschen bezahlen weiterhin mit ihrem Leben den Preis des irrsinnigsten Terrorkrieges der Zeitgeschichte.
„Le Journal du Dimanche“ (Paris) zu Algerien: „Die UNO kann angeblich nichts tun, weil das Handeln in einem so außergewöhnlichen Fall wie Algerien extrem schwierig ist. Mit einem Völkerrechtsbuch zur Hand erklärt man uns, daß eine Intervention sehr schwer umzusetzen ist, weil sie keine genaue Mission hat. Intervenieren gegen wen? Gegen die islamischen Terroristen? Gegen die Armee? Gegen die Polizei? Und intervenieren wozu? Um welches Lager zu unterstützen? Und man fügt hinzu, daß die Opfer nicht gezielt ausgewählt werden, daß sie nach dem Zufallsprinzip massakriert werden, und daß dies also kein Völkermord ist. All dies ist juristisch richtig. Aber man sagt nicht, daß der andere Grund für die Willenlosigkeit der Völkergemeinschaft die Furcht ist, einen Präzedenzfall zu schaffen. Eine Intervention in Algerien bedeutete auch, die Taten und die Methoden der algerischen Regierung, Armee und Polizei in Frage zu stellen. Und kein Land hat Lust, sich der gleichen Art von Kontrolle zu unterziehen.“
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