: Große Steuerreform
■ Hamburgs Finanzämter werden künftig gegenüber Firmen ganz persönlich
„Dies ist die größte Finanzamtsumstellung in Hamburg seit 75 Jahren.“Hamburgs Stadtkassen-Senatorin Ingrid Nümann-Seidewinkel bemühte gestern die historische Dimension, um einen Vorgang zu würdigen, dessen Bedeutung sich dem Steuer-Normalo erst auf den zweiten Blick erschließt: Hamburg löst als erste deutsche Oberfinanzdirektion seine zentralen Finanzämter für Körperschaften (GmbHs und Aktiengesellschaften) auf. Alle 32.000 in Hamburg steuerlich veranlagten Unternehmen werden künftig von den regionalen Finanzämtern betreut, die sich bislang allein um natürliche Personen und Personengesellschaften kümmerten.
Was in den nächsten Tagen 700 Computer, 1.500 Finanzbeamte und 30.000 Umzugskisten in Bewegung setzt, hat für Existenzgründer und Großunternehmen tatsächlich weitreichende Bedeutung. Wurden die Steuerakten bislang oft zwischen dem Amt für Betriebsprüfung, dem Köperschaftssteueramt und dem regionalen Finanzamt hin- und hergeschoben, so liegt jetzt alles bei einer SachbearbeiterIn oder einem Team. „Die Waffengleichheit zwischen Finanzämtern und Unternehmen“, so pointiert Senatsdirektor Johannes Nagel, „wird damit deutlich verbessert.“Aber auch die Wirtschaft hat Vorteile: Die Änderung von Unternehmensformen erfolgt nun in einem Amt.
Die Anregung zu dieser Reform holten sich Hamburgs Finanzbeamte in Holland, wo die Firmen-Betreuung aus einer Hand seit einigen Jahren erfolgreich praktiziert wird. Ausgenommen vom neuen Regionalprinzip sind lediglich die ganz großen Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Mark Jahresumsatz. Diesen derzeit 130 Firmen spendiert die Stadt ein eigenes „Finanzamt für Großunternehmen“. Diese Sonderbehandlung hat einen guten Grund: Gut 70 Prozent der 20 Milliarden Mark Körperschaftssteuern, die jährlich in Hamburg anfallen, gehen auf das Konto dieser 130 Unternehmen.
Während sich Senatorin Nümann-Seidewinkel und Hans de la Motte, Chef der Oberfinanzdirektion, gestern zuversichtlich über das gute Gelingen ihrer Reform äußerten, herrscht intern noch ein bißchen Bammel, vor allem vor Pannen und Anlaufschwierigkeiten bei der Neustrukturierung der Ämter und der Neusortierung der Akten. Die Umzugszeiten, so verlautet aus Finanzamtskreisen, sind arg knapp bemessen. Florian Marten
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