Monopoly kehrt wieder

■ Wohnungsbau an der Kehrwiederspitze / Investorendeal mit dem Oberbaudirektor / Steuerzahler helfen Spekulanten Von Florian Marten

Mit glückstrahlendem Lächeln werden morgen um 14 Uhr Oberbaudirektor Egbert Kossak und die US-amerikanisch/britische Investorencombo von Citibank/P&O im 7. Geschoß ihres Hanseatic Trade Center (HTC) auf der Kehrwiederspitze vor die Presse treten, um eine frohe Botschaft zu verkünden: Ein „Wohnturm“ mit 16.000 Quadratmetern Wohnfläche sollen in der Speicherstadt entstehen.

Eine kleine Sensation: Schließlich hatten Investoren und Kossak entsprechende Forderungen von Experten und Bezirksamt Mitte in der Vergangenheit stets zurückgewiesen. Damit nicht genug des frohen Staunens: Ebenfalls morgen im HTC-Gebäude, nur zweieinhalb Stunden früher, werden die Investoren und Kossak eine handverlesene Architektenschar auf der Kehrwiederspitze spazieren führen. Die Stadt Hamburg und die HTC GmbH & Co KG loben einen knapp 400.000 Mark teuren Architektenwettbewerb aus, bei dem allein die eingeladenen Büros ein Antrittsgeld von je 35.000 Mark einstreichen dürfen.

Gebraucht wird dieser Wettbewerb nicht nur, um allerlei Anlaß für Empfänge, Dia-Shows und Jury-Tagungen zu bieten, sondern vor allem für eine wundersame Quadratmetervermehrung: HTC, durch die Flaute auf dem Hamburger Büroimmobilienmarkt gebeutelt, suchte dringend nach Möglichkeiten, ihr kostspieliges Kehrwiederspitzenengagement ökonomisch freundlicher zu gestalten. Der mehrteilige Gebäudekomplex mit insgesamt 100.000 Quadratmetern Bürofläche wurde nämlich einst auf ein Mietniveau von über 50 Mark pro Quadratmeter kalkuliert. Hamburgs Büro-Bauboom – zuletzt jährlich 200.000 bis 300.000 statt der maximal erforderlichen 150.000 Quadratmeter – hat zu einer hohen Leerstandsquote und stagnierenden Mieten geführt.

Trotz der Toplage kann HTC gegenwärtig nur mit Mühe mehr als 40 Mark pro Quadratmeter erzielen. Der Ausweg: Vergrößerung der bislang genehmigten Quadratmeter. So verabredeten Kossak und die Investoren in mehrmonatigen Verhandlungen einen flotten Deal: Aus den genehmigten 18.000 genehmigten Quadratmetern des Bauabschnitts II an der Südkante des Kehrwiederhöfts werden nun 22.300 bis 16.000 fürs Wohnen, 6.300 für Bürofläche. Dennoch halten sich die Investoren alle Hintertüren offen: Dreht sich die Marktentwicklung, kann HTC immer noch zum Bürokonzept zurückkehren.

Über die eingetretene Zwangspause im Bau ist die HTC nur froh. „Immer häufiger werden Neubauvorhaben von Bürofläche zurückgestellt oder zeitlich gestreckt“ heißt es in einer aktuellen Untersuchung des Hamburger Immobilienmarktes. Ob sich Luxuswohnungsbau mit Quadratmetermieten von 35 bis 45 Mark aber rentiert, wird von Fachleuten bezweifelt. Wie überall im Bundesgebiet sind auch in Hamburg die Neumieten für Luxuswohnungen kräftig abgesackt. Wohnungsbau, schon gar ein deutlich preiswerter, wäre freilich von Beginn an in der Speicherstadt zu haben gewesen. Das Bezirksamt Mitte hatte von Beginn an einen Wohnanteil von mindestens 20 Prozent. Und in den ausgezeichneten, von den Investoren freilich abgelehnten Kehrwieder-Entwürfen von Massimiliano Fuksas und Kleffel-Köhnholdt, ist Wohnungsbau bereits miteingeplant. Kossak bräuchte nur in seinem Aktenschrank nachzuschaun.