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Eine lebende Hustensaftfabrik

Die neuesten Klonversuche zeigen: Der Weg zur industriellen Anwendung dieser Methode und zum Vervielfältigen von Menschen ist nicht mehr weit  ■ Von Matthias Urbach

Berlin (taz) – James Robl und Steven Stice von der Universität Massachusetts hoffen auf das große Geschäft: Sie wollen Kühe klonen und genetisch so manipulieren, daß sie mit der Milch alle möglichen Medikamente geben – wie eine lebende Hustensaftfabrik. Ihr erster Erfolg auf diesem Weg ist nun unübersehbar: die eine Woche alten Klonkälber George und Charlie. Beide entstanden aus erwachsenen Körperzellen, die genetisch manipuliert und in eine entkernte Kuheizelle injiziert wurden.

„Ein großer Wurf“, jubeln Forscherkollegen wie der texanische Biologe Mark Westhusin. Auch Ian Wilmut vom Roslin-Institut, Schöpfer des Klonschafs Dolly, ist von George und Charlie beeindruckt. Deren Bedeutung geht aber über die Frage der Vermarktung hinaus. Entscheidend ist, daß die Kuh-Kloner angeben, von erwachsenen Körperzellen geklont zu haben. Denn dann wäre es auch möglich, einen erwachsenen Menschen zu kopieren.

Im Eistadium sind Zellen noch völlig undifferenziert und funktionslos. Körperzellen haben dagegen eine feste Funktion: Sie haben sich zu Hirn-, Nieren- oder Hautzellen ausgebildet. Lange glaubten die Wissenschaftler, daß man aus solchen Zellen keine ganzen Körper mehr herstellen kann. Bis Dolly vorgestellt wurde. Doch schnell kamen Zweifel auf: Das Spendertier für Dollys Erbgut war schon tot. Es gebe keinen endgültigen Beweis, daß Dolly aus einem erwachsenen Tier geklont wurde, urteilt etwa Werner Müller vom Institut für Genetik der Universität Köln.

Daß die Forscher vom schottischen Roslin-Institut ihre Klonversuche à la Dolly sogar aufgaben, hielten viele für einen Beleg für einen wissenschaftlichen Irrtum. Nun grasen George und Charlie auf einer texanischen Wiese, sieben identische Kopien werden noch von Kühen ausgetragen, sechs weitere Kühe sind schwanger mit weiblichen Klonen. Wenn nun auch noch der Spender lebt, könnte sich leicht beweisen lassen, ob George und Charlie wirklich von erwachsenen Tieren abstammen.

Eine weitere Gruppe aus Wisconsin und eine aus Japan gaben an, genau nach der Dolly-Methode vorgegangen zu sein (siehe taz von gestern). Bisher hatten sie aber nur Fehlgeburten.

Manuel Kieper, forschungspolitischer Sprecher der Bündnisgrünen im Bundestag, ist deshalb skeptisch: „Es bleibt immer noch fraglich, ob es ein erfolgreiches Verfahren wird.“ Die verkündeten Resultate seien „eine PR-Masche“, um mehr Forschungsgelder zu bekommen.

Stice und Robl geben an, daß ihre Technik deutlich effektiver sei. Während bei Dolly noch 277 Embryonen verbraucht wurden für ein Schaf, hätten sie „nur 50“ pro Kalb benötigt. Auch sei für ihre Methode keine Operation des Muttertieres nötig, insgesamt sei das Verfahren weniger aufwendig. Stimmen die Angaben, dann wäre die Forschung einen gewaltigen Schritt vorangekommen.

Der deutsche Pharma-Hersteller Fresenius AG aus Oberursel hat bereits einen Kooperationsvertrag mit der Firma von Stice und Robl geschlossen. Danach erhält Fresenius die weltweiten Vertriebsrechte für den Eiweiß- und Blutersatzstoff Serumalbumin, der in der Milch transgener, geklonter Kühe produziert werden soll.

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