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Pensionen sind bereits bezahlt

■ betr.: „Beamte wollen keinen Die ner machen“ (Tagesthema), taz vom 13.1. 98

[...] Bar jeder Ironie postuliert Christian Füller, „daß die Beamtenpensionen Deutschland langsam, aber sicher in den Ruin treiben“. Vielelicht erklärt ihm mal jemand von der Wirtschaftsredaktion, was es mit unserem Steuersystem auf sich hat, was ein Eurofighter kostet oder wie die Treuhand dazu beigetragen hat, Milliarden zu Lasten des von ihm als Opfer der uneinsichtigen Beamten dargestellten Staates in private Kassen zu lenken. Dann weiß er, warum Geld in öffentlichen Kassen fehlt.

Jedenfalls nicht wegen der Pensionen. Denn sie sind bereits bezahlt. Jeder Beamte verdient weniger und kostet damit den Staat auch weniger als ein vergleichbarer Angestellter – die lebenslange Pension oder Rente bereits mitgerechnet. Zusätzlich haben die Beamten für den Staat den Vorteil, daß er sie nach Bedarf versetzen kann und sie nicht streiken dürfen.

Wie die Populisten, die von den tatsächlichen Gründen für die hohe Staatsverschuldung ablenken wollen, übersieht Füller, daß vor allem der Bund und die Länder für die Pensionen keine Rücklagen gebildet haben, wie es ihre Pflicht gewesen wäre. Bei Angestellten hätten sie als Arbeitgeber Monat für Monat in die entsprechende Altersversorung einzahlen müssen, bei den Beamten haben sie es – um andere Projekte zu finanzieren – auf den St. Nimmerleinstag verschoben. Deshalb ist den zitierten Staatsrechtlern zuzustimmen, wenn sie jeden Beitrag der Beamten zu ihren Pensionen als verfassungswidrig ablehnen. Beamte verteidigen keine Privilegien. Sie wollen ihre Pension nur nicht doppelt bezahlen: erst mit Abstrichen beim Gehalt und dann mit zusätzlichen Beiträgen.

Eine andere Frage ist es, ob Briefträger oder Lehrer Beamte sein müssen. Darüber läßt sich trefflich streiten – aber ohne jeden finanziellen Vorteil für den Staat. Jürgen Heinz, Gerstetten

Alle Beamten in die Rentenkasse, und alle Finanzierungsprobleme sind gelöst. Wenn das so einfach wäre! Keine Frage: In zehn bis 15 Jahren werden die Beamtenpensionen alle öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen für viele Jahre sprengen und alle öffentlichen Hände finanziell handlungsunfähig machen. Die Einbehaltung von 0,2 Prozent künftiger Gehaltssteigerungen (anfangs, später soll es nach Kanther mehr werden) ist da auch nur ein winziger Tropfen auf den heißen Stein. Damit kann kaum der kleinste Bruchteil des Pensionsaufkommens gedeckt werden.

Die Überführung der öffentlich-rechtlichen Alimentation der Beamten in die Solidargemeinschaft der Rentenkasse wird das Problem aber auch nicht lösen können. Erstens, weil die Rentenversicherung bereits heute durch die kippende Alterspyramide akut in Gefahr ist; durch die Übernahme der Beamten würde sich die Situation dort eher verschärfen als entspannen.

Zweitens müßten dann die Beamten ebenfalls an den Einzahlungen in die Rentenkasse beteiligt werden; für lebensältere Beamte kommt aus verfassungsrechtlichen Gründen nur eine Übergangslösung mit geringer Beteiligung in Frage. Eine 100prozentige Gleichstellung mit den Angestellten/Arbeitern ist nur für jüngere Beamte zu machen. Damit ist der Personenkreis, der die eigentlichen Probleme bereitet, gar nicht in der Lage, zu deren Lösung wirksam beizutragen.

Und: Würden Beamte voll in die Sozialversicherungen einbezogen, müßten deren Bruttogehälter um die Arbeitnehmeranteile erhöht werden (die heute logischerweise nicht im Gehalt inbegriffen sind), und die öffentlichen Haushalte müßten noch zusätzlich ihre eigenen Arbeitgeberanteile entrichten.

Es muß bezweifelt werden, daß dies letzten Endes billiger kommt als die Direktzahlung der Beamtenpensionen aus den Haushaltskassen. Ausrechnen kann ich das zwar – wie viele andere, die sich in die Diskussion einmischen – auch nicht. Aber in den zurückliegenden Jahren wurde oft genug ausgerechnet, ob denn Angestellte oder Beamte „preiswertere“ Arbeitskräfte seien. Die Ergebnisse waren unterschiedlich, je nachdem, wer gerade den Rechenschieber bedient hatte. [...] Alles in allem darf man wohl schätzen, daß keine der beiden Lösungen alleine unter finanziellen Gesichtspunkten klare Vorteile bringt.

Es bliebe also die allgemeinpolitische und für die Zukunft unserer demokratischen Bürgerschaft höchst interessante, endlich einmal ernsthaft, öffentlich und verbindlich zu diskutierende Frage, ob wir (vom Geld einmal abgesehen!) in diesem Staat ein weiter ausuferndes Beamtenwesen mit allem, was dazugehört, haben wollen oder ob nicht gesellschaftliche Veränderungen – meinetwegen sogar als Ruck – sich nicht nur im Verhalten einzelner Personen, sondern auch in unserem organisierten Gemeinwesen (Staat) manifestieren sollen. Stichwort: Schluß mit dem Reformstau in den Institutionen. Achim Hohlfeld, Solingen

[...] Wenn man, wie Ihr, eine ganze Seite über Beamte, mögliche Reformvorschläge und Hintergründe berichtet, ist es meiner Meinung nach unverzeihlich, wenn man wichtige Details einfach wegläßt. Es geht hierbei speziell darum, daß bei der Begründung des Berufsbeamtentums wohlweislich das Gehalt der Beamten um zehn Prozent geringer veranschlagt wurde, da man davon ausging, der restliche Differenzbetrag gegenüber den Angestellten würde in einem Fonds verwaltet, aus dem heraus die Beamtenpensionen bezahlt werden sollten. Daß dies nicht erfolgte, kann generell dem Beamtentum selbst nicht angelastet werden, wenn man aber auch zugestehen muß, daß jetzt vollendete Tatsachen vorliegen und auch die Beamten zu einer Lösung beitragen, das heißt, auch einen Verzicht in Kauf nehmen müssen.

Dabei darf es sich aber nur um eine vorübergehende Lösung handeln. Durch eine generelle Inanspruchnahme der Beamten zur Zahlung eines Beitrages zur Pension würde eine Tür geöffnet, die unweigerlich zu einer Erhöhung dieser Beiträge führen würde und dann letztendlich das Beamtenprinzip unterlaufen würde. [...] Volker Stephan

[...] Wann bitte wird in der Öffentlichkeit endlich mal darüber aufgeklärt, daß der Beamte sehr wohl seinen Beitrag zu seiner Pension leistet? Im Vergleich zu Angestellten und Arbeitern erhält der Beamte nämlich eine um den Arbeitgeberanteil verringerte Vergütung. Diesen Betrag zahlt der öffentliche Arbeitgeber in die Pensionskasse ein. Wenn der Staat mit dem angesparten Geld nicht vernünftig wirtschaften kann, darf das doch wohl zu allerletzt dem Beamten angelastet werden. Auch wird nie erwähnt, daß der Beamte seine Pension voll versteuern muß.

Der Beamte ist erst ab dem 27. Lebensjahr unkündbar. Angestellte und Arbeiter sind nach 15 Berufsjahren auch unkündbar. Beamte steigen auch nicht mehr automatisch auf.

Warum verschweigen alle Medien, daß der Beamte kein Streikrecht hat und nicht wie der Angestellte oder Arbeiter auf leistungsgerechte Besoldung klagen kann. [...] Jürgen Reith, Neuss

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