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Champagner prickelt eh besser

Alles ist schlechter als sonst auf der entschärften Streif – außer Sieger Ghedina und dem deutschen Abfahrtsteam Stefan Krauss. Der ist als 23. so gut wie eh und je  ■ Aus Kitzbühel Nina Klöckner

Die mit den Pelzmänteln sind zuerst gegangen. Schließlich gab es noch viel zu tun. In wichtigen Kneipen mit prominenten Leuten teuren Champagner trinken zum Beispiel. Außerdem war das berühmteste Abfahrtsrennen der Welt dieses Jahr ziemlich langweilig für die verwöhnten österreichischen Skifans. Irgendwie war diesmal alles anders – schlechter natürlich.

Die mutigen Fahrer mußten am Samstag eine Umleitung über den Ganslernhang benutzen, weil auf der Hausbergkante nicht genügend Schnee lag. Das dauert länger und ist nicht so gefährlich. Blöd. Zwei Tage zuvor hatte auch noch Österreichs neuer Alpin-Held Hermann Maier seinen Start abgesagt, weil ihn die Schienbeine zwickten. Eine nationale Katastrophe. Seine Kollegen konnten ihn nicht ersetzen. Am Ende siegte der Italiener Kristian Ghedina vor dem Schweizer Didier Cuche, der am Vortag dafür die Sprintabfahrt gewann. Erst dann kam Josef Strobl als bester Österreicher.

So was sind sie in Kitzbühel nicht gewöhnt, weshalb Hermann Maier hofft, „daß sie mich jetzt nicht grillen oder abfackeln“. Das werden sie nicht tun, weil er in dieser Saison schon neun Rennen gewonnen hat und auch bei Olympia zu den Favoriten gehört. Bis dahin haben die Fans das Desaster von Kitzbühel längst vergessen.

Stefan Krauss wird noch etwas länger daran denken. Der einzige Starter des Deutschen Ski-Verbandes (DSV) wollte sich endlich für Nagano qualifizieren. Einmal konnte er in der laufenden Saison bisher unter den ersten fünfzehn landen, ein zweites Mal würde ihm den Ausflug nach Asien sichern. „Oben ist eigentlich sein Wetter“, sagte sein Vorgänger Markus Wasmeier vor dem Rennen. Da ist Krauss auch ganz gut gefahren, sogar schneller als der spätere Sieger. Aber irgendwie hat er dann unterwegs noch über zwei Sekunden verloren, „wo weiß ich auch nicht“, sagte Krauss. Ist auch egal, „zählen tut das, was auf der Tafel steht“. Platz 23, wieder nichts. Jetzt hat er nur noch eine Chance, nächste Woche in Garmisch.

Dabei sollte dieses Jahr endlich alles anders werden. Vor der Saison hatte der Verband Bundestrainer Rainer Mutschler von den erfolgreichen Frauen zu den erfolglosen Männern versetzt. „Es mußte ja was passieren“, sagt Mutschler. Mutschler glaubte, er könne was ändern, schnell und in allen Disziplinen. Deswegen fällt es ihm besonders schwer zu begreifen, „warum es jetzt nicht so geht, wie ich will“. Bisher schaffte nur einer seiner Anvertrauten, Alois Vogel, die Olympianorm. Der Slalomfahrer wurde gestern Sechster, was für ihn hervorragend zu nennen ist. Es siegte der Österreicher Thomas Stangassinger vor Landsmann Thomas Sykora, was die Einheimischen etwas tröstete.

Was Abfahrer Krauss betrifft, so kam er immerhin in Kitzbühel heil unten an, was ja auch schon ein schönes Ergebnis ist für den DSV. Drei Viertel des Abfahrer- Teams haben sich in diesem Winter schon verletzt, für Max Rauffer, Christian Deißenböck und Michael Brunner ist die Saison längst beendet. Das wurmt den Trainer, weil er nur noch wenig zu tun hat, und auch Krauss, weil sich so alles auf ihn konzentriert. Vor dem Rennen in Kitzbühel haben sie ihm so viele schlaue Ratschläge mitgegeben, daß „das alles gar keinen Platz in meinem Kopf hatte“, sagt Krauss.

Er wirkt ziemlich ratlos, wenn er nach den Ursachen sucht. Aber aufgeben wird er noch nicht. Er trainiert weiter, ganz alleine, auch wenn es ihm keine besondere Freude bereitet: „Nach dem Training kannst du nicht Fußball spielen, sondern mußt alleine joggen.“

Weil das im Moment nicht zu ändern ist, sucht er nach den positiven Seiten. „Marc Giradelli hat auch alleine trainiert“, sagt Krauss, „und fünfmal den Weltcup gewonnen.“ Bei solchen Zielen sollte Stefan Krauss jetzt aber mal langsam anfangen. Er wird bald 31, ein Weltcup-Rennen hat er noch nicht gewonnen.

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