„Wir werden nicht absteigen“

■ Interview mit HSV-Trainer Frank Pagelsdorf vor dem ersten Spiel nach der Winterpause. Zweitliga-Gedanken tabu, dafür zählt um so mehr der Charakter

Der Auftakt könnte kaum schwerer sein. Morgen um 15.30 Uhr startet der Bundesliga-Drittletzte HSV beim Titelanwärter FC Bayern München nach der Winterpause. Trainer Frank Pagelsdorf (39) ist dennoch nicht bange. Der taz erklärte der schwergewichtige Übungsleiter, der unbedingt abnehmen will, warum er am 15. Mai nicht als Zweitligacoach vor den Traualtar treten wird.

taz: Bei einer Niederlage in München könnte der HSV morgen abend das neue Schlußlicht sein. Wie nehmen Sie Ihren Spielern die Angst vor dem absoluten Absturz?

Frank Pagelsdorf: Unser Vorteil ist die klar definierte Favoritenrolle. Die Bayern müssen jedes Spiel gewinnen, um an Kaiserslautern dranzubleiben und Meister zu werden. Auf ihnen lastet der Druck.

Der HSV hat aber auch keine Punkte zu verschenken. Warum sollte es ausgerechnet beim Meisterschaftskandidaten klappen?

Wichtig ist, daß sich die Mannschaft morgen als Einheit präsentiert. Wenn man den Test gegen Bremen zugrunde legt (1:0 gewonnen; die Red.), kann man in punkto Kompaktheit sehr viele gute Ansätze sehen. Da sind wir im Soll.

Die meisten Vorbereitungsspiele waren nicht so toll. Gegen Amateurteams wie Lübeck oder Pinneberg gab es peinliche Niederlagen.

Wir haben teilweise katastrophale Leistungen gebracht. Da war die Fehlerquote sehr hoch.

Das wird sich ab sofort ändern?

Dafür haben wir die Tests gemacht und viel trainiert. Unser Ziel ist: Wir müssen mehr Spiele zu null absolvieren und möglichst nicht so oft einem Rückstand hinterherlaufen (wie in bislang 14 von 20 Begegnungen; die Red.). Das heißt nicht, daß wir defensiver spielen werden. Wir müssen einfach kompakter stehen. Natürlich müssen die Spieler das System auch begreifen. Aber wir haben mit Stefan Schnoor, Andreas Fischer oder Sven Kmetsch sehr gute Defensivleute. Die sind in der Lage, das Mittelfeld-Pressing umzusetzen, das mir vorschwebt.

Dazu gehört eine gute Kondition. In den letzten Spielen vor der Winterpause wirkten viele HSV-Profis jedoch völlig ausgelaugt.

Man konnte deutlich sehen, daß ein Großteil der Mannschaft körperlich in keinem guten Zustand war. Die Pause hat uns sehr gut getan: Wir konnten richtig auftanken. Zudem haben wir zwei Neuverpflichtungen getätigt (Andrej Panadic und Ingo Hertzsch; die Red.), die uns helfen werden. Die Mannschaft wird morgen fit sein.

Auch mental?

Die Situation ist sehr, sehr ernst, aber die Spieler haben begriffen, um was es geht. Die Mannschaft muß jetzt beweisen, daß sie Charakter hat. Das Zusammengehörigkeitsgefühl wird eine ganz wesentliche Rolle spielen. Vor allem erfahrene Spieler wie Stefan Böger, Harald Spörl, Richard Golz oder Tony Yeboah sollen Akzente setzen und die anderen mitreißen.

Und was passiert, wenn der nötige Kraftakt mißlingt?

Damit beschäftige ich mich nicht. Das ist für mich tabu. Ich begebe ich mich nicht in negatives Fahrwasser.

Der HSV-Vorstandsvorsitzende Uwe Seeler hat bereits signalisiert, in der zweiten Liga weitermachen zu wollen – auch mit Ihnen.

Der Verein muß natürlich zwei-gleisig planen. Ich bin aber hundertprozentig davon überzeugt, daß wir den Klassenerhalt schaffen.

Fragen: Clemens Gerlach