: Rot-Grün um jeden Preis?
Die grünen Landesverbände bereiten Ihre Listen für die Bundestagswahl vor. In Baden-Württemberg stimmen sie vom 6. bis 8.Februar über die Rangfolge ihrer Kandidatinnen und Kandidaten ab. Altgediente Abgeordnete wie Rezzo Schlauch, Uschi Eid, Wilfried Telkämper wollen auf den ersten Platz, das heißt, es geht los mit dem Gerangel um die Listenplätze.
Die Abgeordneten haben natürlich ihre jahrelangen Erfahrung im Umgang mit der Presse. Als die Bundschuh-Bauern seinerzeit ihre Klage gegen die Mercedes-Teststrecke in mehreren Tagesmärschen nach Karlsruhe brachten, tauchte kurz vor der Stadt plötzlich Rezzo Schlauch auf, „Spiess voran, drauf und dran!“ zog er mit zum BGH. Was haben wir damals gelacht!
Mit Rotation und imperativem Mandat hat die grüne Raupe den Bürgerinnen und Bürgern viel Angst und Schrecken eingejagt. Jetzt ist sie ein schöner Schmetterling, die Sorge um das ökologische Desaster wurde salonfähig, und die Grünen sind berechenbar: Rot- Grün!
Diejenigen, die damamls gelacht haben, fragen sich, ob Kohl wohl recht hatte, als er kürzlich den Grünen skrupellosen Machthunder vorwarf. Wie anders ist zu erklären, daß in der Abstimmung über den großen Lauschangriff neun grüne Abgeordnete, acht von ihnen aus SPD-regierten Ländern, nicht anwesend waren. Die Mehrheit für die Grundgesetzänderung betrug vier Stimmen. Sichtlich genervt sagte Joschka Fischer in der Sabine-Christiansen-Schau dazu: Die anderen waren auch schlecht besetzt! Was nicht stimmt, denn während bei den Grünen ein Fünftel fehlte, waren es bei der SPD 17 Abgeordnete, bei der CDU/CSU zwei, bei der FDP ein/e und bei der PDS ein/e.
Wenn die grünen Abgeordneten die parlamentarischen Regeln inzwischen so perfekt beherrschen, ist es dringend notwendig, daß sie ausgetauscht werden.
Liebe Delegierte in den Landesversammlungen, bringt BundestagskandidatInnen auf sichere Listenplätze, die Zustimmung in ihren Wahlkreisen erhielten und noch keine BerufspoltikerInnen sind!
Zweijährige Rotation war ein falscher Weg – schon wegen der armen NachrückerInnen –, aber haben wir damals nicht gesagt, vier Jahre und nicht mehr? Die Grünen haben genug politsche Talente, genug Leute mit klaren Vorstellungen über gesellschaftliche Veränderungen, und genug grüne Frauen und Männer, die unbekümmert und unberechenbar das parlamentarische Spielbein nutzen können. Darum Delegierte, wählt Neue auf die vorderen Listenplätze, auf daß das Logo der Wahlkampagne sich nicht buchstabiere: Ü wie Übel! Christa Reetz (für die Grünen
im BT von 1983 bis 1985),
Offenburg
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