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Atempause verschaffen

■ Abschiebestopp für Algerier: GAL fordert nun Hamburger Alleingang

„Innensenator Wrocklage kann den algerischen Flüchtlingen für sechs Monate eine Atempause verschaffen“, erklärte GAL-Parteisprecherin Antje Radcke gestern, „im Namen der Menschlichkeit bitten wir ihn, das zu tun.“Denn ein bundeseinheitlicher Abschiebestopp scheiterte am Montag auf der Innenministerkonferenz (IMK) am Widerstand der CDU. Die Entscheidung sei „menschenverachtend“, so Radcke.

Die Innenbehörde lehnt einen Hamburger Alleingang jedoch mit Nachdruck ab. Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) hält eine Einzelfallprüfung, die Abschiebung nicht ausschließt, für ausreichend. Damit sind der GAL faktisch die Hände gebunden. Nur wenn ein anderes Bundesland mit einem Abschiebestopp vorprescht, sieht der Koalitionsvertrag vor, „zu prüfen“, ob Hamburg nachzieht. In allen anderen Fällen gilt die IMK-Regelung. „Das ist ja gerade der Charme der Vereinbarung“, so SPD-Fraktionschef Holger Christier.

Die GAL-Fraktionsvorsitzende Antje Möller hatte gestern noch gehofft, Schleswig-Holstein würde sich zu einem Abschiebestopp entschließen. In dem Fall hätte man auch in Hamburg mit der SPD verhandeln können. Denn vier Algerier sitzen bereits im Abschiebeknast Glasmoor; einer bereits seit zwei Monaten. Die GAL hatte sich im Dezember dem SPD-Votum angeschlossen, seine Petition um ein Bleiberecht abzulehnen und den 31jährigen damit zur Abschiebung freigegeben.

Eine Haftentlassung der vier Flüchtlinge wird ohne einen Abschiebestopp unwahrscheinlich. 18 Monate können abgelehnte Asylbewerber hinter Gittern festgehalten werden, wenn sie verdächtigt werden, untertauchen zu wollen. „Die Haftgründe gelten nach wie vor“, sagt Norbert Smekal, Sprecher der Ausländerbehörde.

Der Hamburger Arbeitskreis Asyl hält die Inhaftierung der algerischen Flüchtlinge für eine „staatliche Willkürmaßnahme“und „Quälerei der Betroffenen“. Wenn Hamburg sich auf Einzelfallprüfungen beschränke, stelle sich die Frage, wie „praxisrelevant“rot-grüne Bündnisse seien. In Hamburg sind derzeit insgesamt 132 AlgerierInnen „ausreisepflichtig“.

Silke Mertins

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