: Akten unter Verschluß
■ Ausstellung über die Greueltaten des Polizeibataillons 101 wird heute eröffnet
Die Wahrheit ist manchmal unangenehm. Ebenso wie die Wehrmachtsausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung ist auch die Veröffentlichung der Greueltaten des Hamburger Polizeibataillons 101 im Zweiten Weltkrieg in manchen Kreisen nicht gerne gesehen. Zwar eröffnet die Ausstellung heute im Hamburger Rathaus und ist dort bis zum 27. Februar zu sehen. Die historischen Prozeßakten über das Bataillon bleiben jedoch unter Verschluß. Die Hamburger Staatsanwaltschaft verweigerte dem Künstler Michael Batz die Einsicht, der damit eine „szenische Lesung“zur Ausstellungseröffnung vorbereiten wollte.
Das Polizeibataillon 101 war bis 1945 in Weißrussland und Polen stationiert, wo es nachweislich an Massakern an der Bevölkerung beteiligt war. Die Hamburger Polizisten haben zudem mindestens 38.000 JüdInnen erschossen und waren an der Deportation von 45.200 JüdInnen beteiligt. Entsprechende Prozeßakten wurden 1968 geschlossen.
Als Batz sie nun wieder öffnen wollte, blieb die Staatsanwaltschaft hart – obwohl sich der damalige Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem für die Akteneinsicht ausgesprochen hatte und auch der Hamburgische Datenschutzbeauftragte nichts dagegen hatte. Die Staatsanwaltschaft jedoch zog sich auf Rechtsvorschriften zurück, die die Freigabe der Akten untersagen. Einsicht dürfe nämlich nur zu „wissenschaftlichen Zwecken“gewährt werden, und davon könne bei einer „künstlerischen Zwecken dienenden Aufklärung eines historischen Sachverhalts“keine Rede sein. Der Datenschutzbeauftragte betonte hingegen in seiner Stellungnahme das überwiegende „öffentliche Interesse“von Batz.
Die GAL-Fraktion hat inzwischen eine kleine Senatsanfrage zu den Hintergründen gestellt. Trotz der Weigerung der Staatsanwaltschaft, das Material zur Verfügung zu stellen, wird die Lesung heute durchgeführt. Batz fuhr auf eigene Kosten nach Ludwigsburg, um in der dortigen Zentralstelle der Landesjustizverwaltungen die Kopien jener Akten einzusehen, die in Hamburg im Original vorliegen.
Elke Spanner
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