: Drohung mit Punkt
Duales System Deutschland (DSD) setzt Bundesrat wegen Verpackungsnovelle unter Druck ■ Von Annette Jensen
Die Grüne-Punkt-Gesellschaft DSD macht Politik. Gestern kündigte das Unternehmen massive Preissenkungen an – wenn, ja, wenn der Bundesrat die Novelle der Verpackungsverordnung verabschiedet. Weigern sich die Länder dagegen erneut, den Entwurf aus dem Hause der Umweltministerin zu verabschieden, dann will das Duale System Deutschland seine Wiederverwertungsquote auf das Niveau der EU-Vorschriften senken, drohte Geschäftsführer Wolfram Brück gestern. Damit würde die Wiederverwertungsqoute von derzeit durchschnittlich etwa zwei Drittel allen Grüne-Punkt-Mülls um mehr als ein Drittel reduziert.
Bundesumweltministerin Angela Merkel hatte im vergangenen Frühjahr den Segen ihrer Kabinettskollegen für eine Änderung der Verpackungsverordnung bekommen. Im Zentrum stand eine Senkung der erforderlichen Sammel- und Verwertungsleistung, die das DSD zu erbringen hat. „Die Quoten sind etwas gerundet worden“, so ein Ministeriumssprecher. Tatsächlich war etwa bei den schwierig zu recycelnden Verbundstoffen und Plastik eine Senkung um ein Fünftel angepeilt. Allerdings längst nicht so drastisch niedriger wie die EU-Werte. Geplant war, die neue Verordnung rückwirkend auch für 1996 anzuwenden, weil schon Ende 1996 absehbar war, daß vielerorts die alten, höheren Quoten für einzelne Materialien nicht erreicht würden. So kam es tatsächlich. Dennoch hat kein Bundesland dem DSD die rote Karte gezeigt. „Das ganze System ist unglücklich konstruiert. Die Länder können entweder das gesamte System kippen oder gar nichts tun“, erklärt das Gudrun Both vom Ökoinstitut diesen Widerspruch. Doch niemand wolle Millioneninvestitionen vernichten. Der zweite zentrale Punkt der Novelle bezieht sich auf sogenannte „Trittbrettfahrer“, die das DSD seit Jahren als Schmarotzer anklagt. Denn die Tüten von Schuhgeschäften und Bäckern haben meist keinen grünen Punkt, landen aber dennoch im gelben Sack und müssen deshalb vom DSD recycelt werden. Auf 600 bis 800 Millionen Mark schätzt die Grüne-Punkt-Gesellschaft den daraus entstehenden Schaden. Angela Merkel hat die Beschwerde des DSD aufgenommen und will jetzt alle Geschäfte verpflichten, entweder ein eigenes Recyclingsystem aufzubauen oder für den grünen Punkt zu zahlen. Abgelehnt haben die Bundesländer die Novelle allerdings aus vielen anderen Gründen. 100 Änderungsanträge werden zur Zeit zwischen Bundesrat und Bundesumweltministerium verhandelt. Das DSD hat unterdessen einen Vertrag mit der Deutschen Entsorgungswirtschaft vereinbart, der den Verbrauchern durch neue High-Tech-Anlagen etwa eine Milliarde Mark Kosten für den Grünen Punkt ersparen soll. Doch erst Mitte des Jahres 2001 sollen die Kosten für das Lizenzzeichen sinken. Jeder Verbraucher solle dann nur noch durchschnittlich 41 Mark im Jahr statt bisher 49 Mark bezahlen, versprach DSD-Chef Wolfram Brück. Wenn die „Trittbrettfahrer“ ausgeschaltet werden, sei eine 30prozentige Preissenkung möglich.
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