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Poker beendet: Gasag wird zur Gazag

■ Der Senat will die Gasag für 1,4 Milliarden Mark an das Bieterduo von Gaz de France und Bewag verkaufen: "Optimales Ergebnis" bei Preis und Nebenleistungen erzielt. Kartellamt sieht Probleme wegen Umlan

Berlin wird seine Aktienmehrheit am Gasversorger Gasag für 1,41 Milliarden Mark an ein französisch-deutsches Konsortium aus Gaz de France und Bewag verkaufen – das Nähere regelt das Bundeskartellamt. Denn wann der Vertrag gültig wird, wann das Geld fließt und wie die Eigentumsverhältnisse an der Gasag schließlich aussehen werden, ist bislang unklar. Während die Große Koalition der Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) gestern zu dem „großen Erfolg für Berlin“ gratulierte, kritisierte die Opposition den Verlust der Einflußmöglichkeit des Landes auf die Energiepolitik. Der Verkauf sei „ein Schritt zur verstärkten Kartellbildung“. Das Bundeskartellamt kündigte Bedenken gegen das Geschäft in seiner jetzigen Form an.

Am Donnerstag hatten die Ressortchefs Finanzen, Wirtschaft und Umwelt beschlossen, dem Senat den Verkauf der landeseigenen 51,2 Prozent der Gasag-Aktien an das französisch-deutsche Konsortium zu empfehlen. Der Verkauf soll nächste Woche im Senat beschlossen und am 19. Februar vom Abgeordnetenhaus bestätigt werden.

„Uns mißfällt die Beteiligung der Gaz de France am Umlandversorger EMB“, erklärte Eike Sackssofsky vom Kartellamt im Inforadio. Für den Kauf von 38,1 Prozent durch den französischen Konzern werde es ein Fusionskontrollverfahren vor dem Vollzug des Vertrages geben, das sich bis zu vier Monate hinziehen kann. Den Verkauf an die Bewag werde man nicht unterbinden, weil die kartellrechtliche Grenze von 25 Prozent dafür mit den geplanten 24,99 Prozent nicht erreicht werde. Doch eine nachträgliche Kontrolle werde sich um den „wettbewerblich erheblichen Einfluß“ drehen. Denn die verschärfte Konzentration auf dem Wärmemarkt durch den Verkauf des Fernwärme-Anbieters Gasag an den Fernwärme- Giganten Bewag werde man „so sicher nicht hinnehmen“. Man wolle aber die Kunden vor „monopolistischer Abhängigkeit schützen“ und könne nicht ausschließen, daß die Gaspreise in der Stadt nach dem Verkauf steigen würden, heißt es vom Kartellamt. Fugmann-Heesing dagegen hatte erklärt, sie erwarte sinkende Gaspreise.

Die Gasag-Anteile sollen zu 13,04 Prozent an die Bewag und zu 38,16 Prozent an die Gaz de France verkauft werden. Das Kartellamt habe schon vor einer Prüfung zugesagt, einen Vollzug des Kaufvertrages nicht zu behindern, betonte Fugmann-Heesing. Sie hoffe, daß das Geld noch im Februar fließen und in den Haushalt 1997 eingestellt werden könne. Die Aufteilung der Anteile innerhalb des Konsortiums müsse aber möglicherweise nach Einsprüchen des Kartellamts neu geregelt werden.

Die Kaufofferte von Gaz de France/Bewag sei „bei Preis und Zusatzangeboten eindeutig das beste Angebot“ gewesen, erklärte die Finanzsenatorin die Entscheidung gegen die beiden anderen Bieter in der Endrunde, RWE/Ruhrgas/ Houston Industries und Wasserbetriebe/Tractebel. Gaz de France/ Bewag haben sich zu „Zusatzleistungen im Wert von 130 Millionen Mark“ verpflichtet, hieß es. Dazu gehören die Verlagerung der Konzerntochter, die für Projektabwicklung in Osteuropa zuständig ist, und weitere Engagements im Umwelt- und Sozialbereich. Insgesamt würden knapp 600 neue Arbeitsplätze geschaffen. Das Konsortium wolle sich an den vereinbarten Arbeitsplatzabbau von derzeit etwa 2.700 auf etwa 2.000 Beschäftigte bis zum Jahr 2000 halten, die Mitbestimmung und die Versorungsleistungen garantieren und schließe betriebsbedingte Kündigungen aus. Außerdem sollen Belegschaftsaktien ausgegeben werden. Bernhard Pötter

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