Computer sind auch kreativ nutzbar

■ betr.: „Das virtuelle Panoptikum“ von Christopher Pollmann (Politi sches Buch), taz vom 3.2. 98

Die Rezension des Buches von Thomas Barth („Soziale Kontrolle in der Informationsgesellschaft“) scheint mir zu sehr von einem einseitigen Verständnis der Computertechnologie geprägt: Der Computer ist ein technisches Produkt, das ausschließlich der rational- technologischen Logik der heutigen Gesellschaft folge. Sicherlich gibt es „technische Zwänge“, Pollmann scheint mir diese aber zu negativ zu beurteilen.

Er vernachlässigt völlig, daß Computer ebenso höchst kreativ genutzt werden können, und damit sind nicht nur neuere Kunstformen, die beispielsweise das Internet künstlerisch nutzen, gemeint, sondern sogar derart technische Anwendungen wie beispielsweise das Programmieren einer Anwendung.

Ich verstehe hier den Computer mehr als ein Instrument, das zwar sehr wohl „ein Höchstmaß an intellektueller und manueller Disziplin und Vorausplanung erfordert“, doch gilt dies genausogut für das Klavier, das letztlich eben auch nur aus technisch vorgegebenen Klangmöglichkeiten besteht, deren jeweilige Abfolge auch mehr oder weniger vorausgeplant werden muß.

Die Frage, ob ich ein Musikinstrument oder einen Computer kreativ nutzen kann, ist vor allem eine Frage danach, ob ich es erstens selbstbestimmt mache und zweitens wie virtuos ich mit meinem Instrument umzugehen verstehe. So kann Programmieren so stupide sein wie ein Schlager, es kann aber auch (für einen selbst) eine ungeheure Herausforderung und intellektuell-kreative Leistung darstellen.

[...] Ob Computertechnologie und die Computernetze Mittel der Gegenmacht sein können oder nicht, ist im übrigen die gleiche Frage wie die, ob Journalismus den Staat und die gesellschaftlichen Interessengruppen kontrolliert und kritische Öffentlichkeit erzeugt oder im Gegenteil nur affirmative Zustimmung zum System oder gar Einlullung produzieren kann. Es gibt durchaus auch langfristige Idealisten, die sich nicht instrumentalisieren lassen (und nicht jedeR schreibt für die/den Bestbietenden)! Wolfraum Rittmeyer, Münster