: 200 Millionen Mark für Müll?
■ Erste Pokerrunde um BEB abgeschlossen / Stadtwerke bieten angeblich 200 Millionen Mark / Monopolstellung befürchtet
Die erste Pokerrunde um den Verkauf der Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB) ist abgeschlossen. Insgesamt sechs Unternehmen oder Bietergemeinschaften sollen Angebote abgegeben haben. Die Konsortien auf dieser sogenannten „short-list“erhalten jetzt konkrete Daten über die einzelnen Einheiten der BEB. Zum Verkauf stehen die Müllverbrennungsanlage, die Ent- sorgung Nord, die Kompostierungsanlage der BEB und das Schadstoff-Zwischenlager.
Drei BEB-Teile sollen voraussichtlich zu 100 Prozent veräußert werden. Lediglich bei der Entsorgung Nord will die Stadt eine 51-Prozent-Mehrheit behalten. Ursprüngliche Pläne, lediglich Anteile an einer BEB-Holding zu verkaufen, sind offenbar vom Tisch. In der Umweltbehörde hielt man sich gestern zu dem Verkauf bedeckt. Senatorin Tine Wischer (SPD) hatte jedoch vor der Bürgerschaft eine gesicherte Entsorgung, stabile Müllgebühren und arbeitsplatzsichernde Maßnahmen als Verkaufsbedingungen genannt. Die Bremer Finanzbehörde wollte sich zu den Verhandlungen nicht äußern.
Mit im Rennen um die BEB sind zur Zeit noch die Bremer Stadtwerke. Sie haben sich mit dem Entsorgungsunternehmen Nehlsen zusammengeschlossen. Ihr Angebot beläuft sich nach taz-Informationen auf 200 Millionen Mark. Allerdings hat allein die Müllverbrennungsanlage einen Wiederbeschaffungswert von 230 Millionen und einen geschätzten Zeitwert von 150 Millionen Mark. Den „Dumpingpreis“, so die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Lisa Wargalla, wollte Stadtwerkesprecher Andreas Brunner nicht kommentieren.
Neben der Nehlsen-Gesellschaft wollen die Stadtwerke in ihrem Konzept die mittelständischen Bremer Entsorgungsbetriebe Brügesch, Becker, Meyer, Plump und Siedenburg einbinden. Zudem sitzen überregional die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätsbetriebe (RWE) und die Hamburger Elektrizitätswerke (HEW) mit im Boot. Dadurch verspricht man sich künftig Geschäftsbeziehungen im überregionalen Bereich.
Die hauptsächlich bremische Lösung stößt jedoch bei den Grünen auf argen Widerstand. Die Abgeordnete Wargalla befürchtet eine Monopolstellung der Stadtwerke in allen Bereichen der Ver- und Ent- sorgung. Dadurch sei keine effektive Preiskontrolle durch die Stadt oder den freien Wettbewerb nicht mehr gewährleistet, so die Kritik. Wie berichtet, fordern die Grünen, die BEB in eine Anstalt öffentlichen Rechts umzuwandeln, damit die Stadt weiter die Kontrolle über die Entsorgung hat.
Bei den Stadtwerken verweist man dagegen auf die Chance, in der Hansestadt umfassende Dienstleistungen von einem Anbieter erhalten zu können. „Außerdem haben wir in allen Bereichen mittelständische Betriebe mit eingebunden“, so Stadtwerke-Sprecher Brunner. Auch einen Wegfall des Wettbewerbes kann er nicht erkennen. Das widerspricht jedoch einer Stadtwerke-Beschlußfassung zum BEB-Kauf für den Aufsichtsrat. Dort heißt es etwa zum Thema Konkurrenz bei der Müllverbrennungsanlage: „Zum einen federt man eine Bedrohung durch Drittanbieter im Energiebereich ab...“
Wie eine solche Monopolstellung oder negative Auswirkungen auf die Verbraucher verhindert werden können, muß nun in Verhandlungen gelöst werden. Der umweltpolitische Sprecher der Bremer CDU-Fraktion, Jens Eckhoff, sagte dazu: „Ich halte es für sinnvoll, wenn sich die Politik jetzt einmischt.“SPD-Fraktionschef Christian Weber versicherte zudem, daß „zum Schluß nicht der Verbraucher als Verlierer des BEB-Verkaufs dasteht“. Jens Tittmann
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